Samstag, 28. September 2024

Motorrad-Kurven-Paradies

In der Nacht hat es auf 7 Grad abgekühlt. Gegen 10 Uhr nachts kamen noch 5 bier-unterversorgte Jungs zum Automaten, neben dem ich lag, sie haben allerdings nur den Automaten angepöbelt, zu mir waren sie sehr höflich. Meine Bettflasche (Lenkerflasche mit heißem Tee) hat mich innerlich und äußerlich warm gehalten, so daß ich gut schlafen konnte. Das Wetter am Morgen ist allerdings alles andere als Motorradwetter - es regnet Bindfäden. Ich starte vorsichtshalber mal eine Suchanzeige für ein trockenes Bett an meinem heutigen Zielort. Das wird heute ein feucht-fröhlicher Tag werden. Alle Luken dicht machen - heißt: außer Regenkombi auch die Lenkerstulpen montieren und die Motorradbrille aufsetzen.
9:45 Uhr stürzen wir uns in den Tag. Wenn man hier wohnt, braucht man nicht in die Dolomiten fahren, die Kurven, die sich uns heut bieten sind ein Schmauß! Des öfteren bewältigen wir bis zu 200 Höhenmeter mittels Serpentinen bergab und wieder bergauf. Ganz kleine Sträßchen aber auch breite Straßen bieten ein herrliches links-rechts-links-rechts-Gefühl. Insgesamt 4 Straßensperrungen wollen uns an der Durchfahrt hindern. Am Samstag? Ne, nicht mit uns. Lediglich eine einzige Baustelle blockiert uns wirklich nach ca. 2 phantastischen Kilometern in einem kleinen Tälchen - das war den Weg aber auf jeden Fall wert! Auch ein Sperrschild bei einer Skihütte auf gut 1000m Höhe ignorieren wir geflissentlich. Sollten wir mal eine Abzweigung verpasst haben, keiin Problem: auch die nächste oder übernächste Straße ist ein Heidenspaß. Noch mehr natürlich nach einer Mittagspause zum aufwärmen, nach der es nur noch selten nieselt und die Straßen auf freier Flur sogar trocken sind.

Wir haben die Straßen meistens für uns alleine, passieren traditionelle Bauerndörfchen, deren einzig moderne Zugeständnisse ein Dorfladen oder ein Eier-Automat sind. Kürbisse und Äpfel werden vor der Haustür verkauft - hier ist die Zeit stehen geblieben und die Welt noch in Ordnung. Auf den Feldern lauern massenhaft Falken auf Beute.
Den ganzen Tag begegnen wir keinem einzigen Motorradfahrer! Obwohl wir sicher auch eine Motorrad-Rennstrecke unter die Räder nehmen. Zu erkennen an den Rüttelbalken in der Fahrbahn, Bremsspuren  und speziellen Motorrad-Warnschildern vor den Serpentinen. Zumindest die Saisonfahrer müssten doch jetzt noch eine Abschiedstour unternehmen? Weicheier! Trotz Regen und Kälte können mir Landschaft und Straßenführung mein Lachen wieder ins Gesicht zaubern. Das Herz springt vor Freude!

Eigentlich wollte ich wegen "schlechtem Wetter" im Club der freien Betten für Motorradfahrer unterschlupfen. Aber so kurzfristig meldet sich anscheinend niemand. Na ja, momentan ist es trocken und da taucht zur richtigen Zeit direkt an der Straße ein Spielplatz mit Grillstelle und Sitzgarnituren auf. Auch Parkplatz und eine Hütte sind dabei - leider auch ein Verbot für alles mögliche, unter anderem auch Übernachten. Der Grillplatz geht allerdings nahtlos in eine Wiese über, die von großen Birken gesäumt ist. Das andere Ende ca. 100 m weiter gehört sicher nicht mehr zum Grillplatz, beschließe ich, und ist eben auch ein Stückchen von der Straße entfernt. Während ich mich einrichte fängt es wieder an zu nieseln, kurz darauf scheint aber wieder die Sonne - sehr wechselhaft. Dafür bekommen wir einen wunderschönen Regenbogen präsentiert! Heute Nacht soll die Temmperatur auf 4 Grad sinken, das ist ja fast schon Frost! Da muss ich gut vorbauen.

Freitag, 27. September 2024

Weiter geht's

Das war eine arbeits- oder erlebnisreiche Woche in Aschbuch. Zuerst wurde die Lisl gestreichelt und gepflegt, so dass sie am Montag in aller Frühe den gestrengen TÜV-Prüfer mit einwandfreier Funktion überzeugen konnte. Wie immer hat er über den Kilometerstand gestaunt. Nach einem mittäglichen Notartermin in Ellwangen hat die Lisl dann noch ein (ganz) kleines Schwesterchen bekommen - "Talaria".

Am Dienstag unternehmen wir (Lisl und ich) dann einen Tagesausflug in das Chiemgau. Die vormittägliche Hinfahrt führt uns durch Hopfenfelder, Auen und Wälder, über randvolle oder überglaufene Flüsse. Mit sonorem Sound, perfekt am Gas hängend, leicht schaltbar und mit Dampf zeigt die Lisl, was sie ohne Gepäck so drauf hat. In der Nacht hatte es wieder geregnet und nun steht alles unter Wasser. Die Hopfenernte ist eine einzige Schlammschlacht, der von den Trekkern auf die Straße geschleppte Lehm macht den Untergrund extrem glatt. So genießen wir eben eine gemütliche Tour. Spät am Abend kehren wir (leider) über die Autobahn zurück, da es wieder regnet und bereits dunkel wird.
Die nächsten beiden Tage gibts noch einen neuen Vorderreifen und die kleine Schwester wird ein wenig ausgeführt.

Heute - am Freitag - ist um halb elf Aufbruch angesagt. Am Morgen möchte ich noch einmal kurz Spaß mit Talaria haben und produziere damit sogar das erste Wheelie meines Lebens. Grade mal 65 geworden und immer noch Blödsinn im Kopf! Ciao Aschbuch mit Allen und Allem was dort bleibt.

Von meiner bayrischen Heimat cruisen wir durch das Altmühl- und Gailaachtal in Richtung "alte Heimat", in's Schwäbische. Die Schwäbische Alb möchte ich noch einmal sehen. Ach, hab ich so viele Heimaten (neue Heimat in Norwegen) - aber ich glaube beinahe, meine eigentliche Heimat ist auf Lisls Rücken, egal wo auf der Welt wir gerade sind! Es ist kühl, die Straße ist trocken und die Sonne scheint. Ich erwische mich mit breitem Grinsen im Gesicht, singend. Der Kompass zeigt eine mir sehr vertraute Richtung aber mein Navi findet phantastische Alternativen, die ich noch nie gefahren bin! Asphaltierte Ortsverbindgungswege, sogenannte Promille-Sträßle. In der Nähe von Nördlingen kreuzen wir die Wörnitz, ebenfalls randvoll, auf einem hübschen steinernen Brückchen.

Ich bin zu dünn angezogen für die Temperaturen, aber ich möchten so lange wie möglich den ungeliebten Regenanzug vermeiden. Um 12:30 kündigen die ersten Tropfen den für 13 Uhr angesagten Regen an und ich muss nachgeben. Immerhin macht der Anzug nicht nur trocken sondern auch wärmer. Ortsnamen gibt es, die sind schon sehr lustig: Untermagerbein! Gegen 14 Uhr sitzen wir den heftiger gewordenen Regen in einer Backstube aus. Der restliche Nachmittag wird allerdings nicht viel heller. Kalter Herbstwind pfeift uns um die Ohren und piesackt mich mit nadelspitzen Tropfen im Gesicht. Ganz kurvenwohl fühlen wir uns leider auch nicht auf dem frischen, nassen Laubteppipch. Schade, denn es gibt wunderschöne Kurven.

Ein Schild zur Sontheimer Höhle fällt mir ins Auge - Höhlen über immer eine Faszination auf mich aus. Kurzerhand biegen wir auf den Feldweg ab und kommen nach wenigen Kilometern an einen Parkplatz, der für Wohnmobile eingerichtet zu sein scheint. Aber es gibt auch einen Weg dirket zu Höhle, der gehört jetzt uns. Die Höhle ist (wie befürchtet) nur mit Führer zugänglich; morgen ab 14 Uhr. Allerdings gibt es ein Gebäude mit Restaurant und Biergarten, das jetzt natürlich geschlossen und verlassen ist. Aber: gratis Strom für E-Bikes (das geht sicher auch für Laptops) und freies Internet siind purer Luxus.

Gegen 18 Uhr kommt ein Auto - die Dame räumt ein bisschen im Haus, dann haben wir noch ein sehr nettes Gespräch und sie hat überhaupt nichts dagegen, daß wir hier übernachten. Sie bewundert es sogar. Wir haben 12 Grad und morgen früh soll es bis 7 Grad sinken - brrr. Später kommt noch ein Päärchen vorbei, das mit dem WoMo oben auf dem Parkplatz steht - auch wir quatschen lang und nett.