Dienstag, 3. Juni 2025

Follower

 

Nach einem "Forschter Schnitzel", einem Eisbecher und einigen Gläsern Wein versuche ich nun, den Tag nochmal Revue passieren zu lassen - nicht einfach....

Wenn ich mich recht entsinne, sind wir kurz vor 8 Uhr gestartet. Früh am Morgen steht das Zelt noch im Schatten, bald schon kann die Sonne jedoch das Kondenswasser im Überzelt trocknen. Es ist warn. Aus Gewohnheit ziehe ich dennoch die lange Unterhose an und lasse die Regenjacke ebenfalls übergezogen. Während der Fahrt ist das zu Beginn noch angenehm, bei Stopps und ab Mittag wird es dann aber doch zu warm. Immerhin lege ich die Regenjacke um die Mittagszeit ab.

Wir halten uns gerne an die von Hägar bevorzugten Strecken, manchmal gute Asphaltstraßen (keine Autobahn!), dann wieder sehr schmale Asphaltsträßchen mit immensem Hoppelfaktor. Wir treiben uns größtenteils außerhalb der Städte in der grünen und bunten Natur herum. Hägar rollt weiterhin zuverlässig, der Hänger trollt sich unbemerkt hinterher. Alle ca. 100 km gibt es einen Tankstopp ohne große Verweildauer. Unser Ziel ist heute Forst an der polnisch-deutschen Grenze in der Nähe von Cottbus. Ich habe mich bei Rolf eingeladen, einem Motorradfahrer, den ich über gemeinsame Freunde kennengelernt habe. Er will mir ein wenig entgegenkommen, damit wir ein Stück zusammen fahren. Unsere Kommunikation scheint etwas unklar zu sein - er erwartet mich gegen 11 Uhr an einem Kriegerdenkmal in der Nähe von Forst. Mein Navi errechnet bis dahin aber mindestens 14 Uhr. Dabei sind keine Pausen, Baustellen oder Hindernisse eingerechnet. Die Zeit vergeht...der Ankunftszeitpunkt wandert langsam immer weiter nach hinten.
Und dann stehen wir vor einer Schranke, Sperrschild, dahinter die Oder. Laut Karten gibt es hier eine Straße, laut Beschilderung eine Fähre und tatsächlich - nichts! 2 große, orange Tafeln mit viel polnischem Text. Ich interpretiere das so, daß hier in nächster Zeit keine Fähre verkehren wird. Ein protziger Mercedes steht schon wartend dort, der Fahrer (Typ "neureich, nicht sehr schlau") kommt sofort auf mich zu und fragt nach meinen Ortskenntnissen. Ich weiß doch auch nicht mehr. Laut Navi gibt es ca. 15 km östlich eine Brücke, das macht 1/2 Stunde weitere Verzögerung. Wir beachten den Mercedesfahrer nicht weiter und fahren flott los. Und schon haben wir einen Follower! Er folgt uns tatsächlich in respektvollem Abstand den ganzen Weg bis zur Grenze, auch wenn wir öfters überholt werden. An der Grenze trennen sich unsere Wege mit Winken und Hupen. Lustig.

Rolf hat sich die Stunden der Wartezeit irgendwie vertrieben, er tut mir leid. Aber er führt mich nun stolz zum "Ostsee", einem riesigen Seenprojekt, das noch im Bau ist. Von Wasser ist bislang nichts zu sehen, der künftige Seeboden wird von staubigen Windhosen heimgesucht. Noch wird dort Tagebergbau betrieben und ein Kohlekraftwerk raucht auch - es wird bald verschwinden. Wir verabreden ein Wiedersehen, wenn auch Wasser zu sehen sein wird.
Es ist nicht mehr weit, ich bin total verschwitzt, es ist heiß. Kontrastprogramm.
Nach einer erfrischenden Dusche suchen wir das "Forschter Schnitzel" (in Anlehnung an z.B. das Wiener Schnitzel: Schnitzel mit ). Rolf muss dem Koch erst erklären, was man darunter versteht - ha ha. Aber - es schmeckt sehr lecker! Der Abend dauert bei Wein und Geschichten noch ein Weilchen, Hägar parkt auf der Straße und ich schwitze im Wohnzimmer. Gute Nacht!

Montag, 2. Juni 2025

Schippern

Wir haben ein Ticket für die Fähre von Malmö nach Swinemünde in Polen. Warum? Ich möchte ohne TÜV möglichst wenig durch Deutschland fahren und darum auf der polnischen und tschechischen Seite Richtung Süden reisen. Leider verkehrt die Fähre nur tagsüber, sonst hätten wir uns wieder eine Übernachtung gespart - aber dann gibt es halt einen Entspannungstag. Um 9:30 Uhr wird das Gate geschlossen, also müssen wir frühzeitig aufbrechen. Abfahrt ist um 7:30 Uhr, das sollte uns genügend Puffer geben. 

Christel fragt am Morgen nach, ob ich noch ein Frühstück möchte, aber ich ziehe es vor, Rihtung Fähre aufzubrechen. Unterwegs halte ich noch an einem Supermarkt an, um Verpflegung für den Tag zu besorgen. Der schnellste Weg führt über die Autobahn - angeblich. Aber - wen wundert's - Stau Richtung Malmö. Also nehmen wir die nächste Abfahrt und fahren auf Landstraßen Richtung Hafen. Das Hafenviertel ist riesig und ziemlich schlecht ausgeschildert, aber als wir die Fähre erspähen, folgen wir einfach der Himmelsrichtung. Auch im Hafen sind die Zufahrten schlecht markiert. Schließlich landen wir am Check-in-gate. Nur ein Gate von vieren ist geöffnet und dort diskutiert ein polnischer Kleinbusfahrer unendlich lange mit den Mädels am Schalter. Die bereits eingecheckten Fahrzeuge werden bereits verladen, als ich endlich einchecken kann. Aber auch hier stellen sich die jungen Damen ziemlich umständlich an. Nach einer Ewigkeit eröffnen sie mir, daß mein Gefährt nicht (wie üblich) als Motorrad gilt sondern als Auto bepreist wird. Ich muss 55 € nachzahlen! Das ist beinahe nochmal der gleiche Preis, den ich schon bezahlt habe. Grrr... Vielleicht hätte ich auf die Frage, ob wir länger als 2 m sind einfach "nein" sagen sollen? Die hätten mir das womöglich geglaubt!  Dafür bekommen wir nun einen eigenen Follow-me, der uns durch alle bereits geschlossenen Tore direkt zum LKW-Deck bringt. Sogar auf das richtige Schiff, denn direkt daneben wird gerade die Linie nach Travemünde beladen. Während Hägar im Schiffsbauch ruhen darf, vertreibe ich mir die Zeit mit lernen und essen.

Wir fahren unter der riesigen Öresundbrücke durch und umrunden Rügen. Unterwegs regnet es einmal ganz ordentlich, aber das berührt uns nicht. Anders, als wir im Hafen ankommen. Die Sonne scheint bei der Ankunft aber als Hägar aus dem Rumpf hervorlugt, geht ein heftiger Wolkenbruch los! Schnell die Regenhose anziehen und ab nach Süden, in der Hoffnung, daß wir dem Regen entfliehen können. Das nächste Ärgernis sind die Sperrschilder, die lediglich eine einzige Straße als Ausweg anbieten. Alle anderen Alternativen sind gesperrt - weitläufig. Der Regen läßt nach kurzer Zeit nach, aber die Straßen sind naß und mit riesigen Pfützen überschwemmt. Zelten? Wird wohl schwierig. Aber - wir werden doch noch fündig, am sandigen Ufer des Dabier Sees. Es gibt eine Strandpromenade, Spielplätze, einen Parkplatz, viel Sand und dahinter einige Häuser. Jetzt am Abend gibt es kein Publikum, lediglich einige Hunde dürfen Gassi gehen. Ich werde also meine Ruhe haben. Bei Froschorchester und Kuckuck-Gesang?


Sonntag, 1. Juni 2025

Gewitter

Heute wollen wir früh los, denn um die Mittagszeit ist heftiger Regen angesagt. Um viertel vor neun geht's dann los, nach einem leckeren Frühstück mit Klaus und Deborah. Gleich zu Beginn zeigen sich erste Hindernisse, der einzige Bahnübergang in Kinna ist gesperrt und wir müssen einen größeren Umweg nehmen, wobei wir auf eine Schnellstraße gelangen. Dabei verpassen wir die Tankstelle - hoffentlich reicht's bis zu nächsten. 
Schwups - schon landen wir auf einem herrlichen Eerdweg. Hier fühlt Hägar sich wohl. Wenig Schotter, festgefahrene und trockene Erde machen Spaß, nur die Spurrillen werfen ihn gelegentlich aus der Bahn. Um 11 Uhr habe ich ein Videomeeting und suche dafür rechtzeitig nach einem geeigneten Plätzchen. Dummerweise ist auch für genau diese Zeit Regen angesagt. Perfekt zur richtigen Zeit eröffnet sich ein kleiner Freizeitpark am See, Parkmöglichkeiten,öffentlichen Toiletten, schöner Rasen mit Sitzgarnituren und nebenan sieht es nach Kiosk oder Minimarkt aus. Nach einer knappen Stunde kommt heftiger Wind auf, die ersten Tropfen fallen, ich eile in den kleinen Markt und finde dort tatsächlich eine gemütliche Ecke. Als Alibi kaufe ich einen Saft. Ein echt heftiges Gewitter bricht los, riesige Regentropfen prasseln auf das Blechdach, der Parkplatz wird geflutet! Kurz vor mein Meeting beendet ist, hört auch der Regen auf - perfektes Timing und alles richtig gemacht!
Zur Sicherheit ziehe ich nun die Regenhose über, aber eigentlich ist es fast zu warm. Wie sich später herausstellt, ist die Hose überflüssig, aber ich lasse sie vorerst zur Sicherheit noch an. Mittlerweile scheint die Sonne milchig durch die Wolkendecke und schafft perfekte Temparaturen - nicht zu warm und nicht zu kalt. Auf dem nächsten abgelegenen Erdweg stören wir das Sonnenbad zweier Hasen mitten auf dem Weg und ein Reiher mit seiner Familie beschließt kurzehand, unseren Weg nicht zu kreuzen. "Passend" zu einem Hinweisschild auf den kommenden Naturpark steigt mir ekliger Kläranlagenduft in die Nase...zum Glück finden wir uns bald in der reinen Waldluft wieder.

Es ist so phantastisch - immer wollte ich meine "Rentnertour" durch die Parallelwelt der Nebensträßchen machen. Und hier sind wir! Erdwege wechseln sich ab mit asphaltierten Abwegen, teilweise wunderbar kurvig. Gelegentlich kreuzen wir eine Schnellstraße aus der "echten" Welt, um ganz schnell wieder in unsere Welt abzutauchen.

So erreichen wir Saxtorpsskogen, das nur ca. 30 km von Malmö entfernt liegt, stressfrei und mit maximalem Spaß! Hier beherbergt mich Christel (nein, nicht die von der Post, sondern von bunk-a-biker). Ich habe ein ganzes Gästehaus für mich, das sogar eine Sauna sein eigen nennt! Nebenan stehen die Motorräder in der Garage. Christel lädt mich zum Abendessen sein - es gibt Chili con carne mit duftendem Reis und knackigem Salat. Einfach phantastisch. Und natürlich Gespräche: über Reisen, das Leben und die Liebe...
Jetzt ist das Gewitter hier, die harten Tropfen knallen auf das Verandadach und machen eine weitere Unterhaltung unmöglich. Dann ziehen wir uns halt zurück - gute Nacht.