Spät erst krabble ich aus dem Bett und erscheine um 10 Uhr beim Frühstück. Die Lisl hat draußen wieder mal Regen abbekommen, aber sie scheint sich nichts daraus zu machen. Der Herr des Hauses steht schon hinter der Bar bzw. in der Küche. Für take-away-food kocht er heute Stew. Zum Frühstück gibt's halt Toast mit Marmelade und eine Tasse Tee. Mit Hilfe von Google Übersetzer werfen wir uns gegenseitig einige Worte über den Tresen und nennen das "Unterhaltung". Ich erfahre, daß die Anlage seine Frau und Tochter betreiben, er ist Frührentner, Bürgermeister und Qualitätsmanager für Straßen-, Brückenbau- und Staudammprojekte und freut sich in dieser Sache auf seine kommende Brüsselreise. Ich hoffe, ich habe alles richtig verstanden.
Das Szenarion des dichten Nebels über dem Stausee und in den bewaldeten Hängen, erinnert mich augenblicklich an Machu Picchu. Südamerika begleitet mich auch im Lauf des Tages, als ich an den Jahreswechsel denke, den habe ich vor 11 Jahren in Chile verbracht. Weihnachten auf einem Campingplatz mit wenigen fremden Menschen, die zusammenwuchsen und Silvester alleine in der Wüste.
Spät brechen wir auf...bereits nach der dritten Biegung beginnt es zu tröpfeln und ich muss die Motorradbrille auspacken. Aber die Regenhose bleibt im Gepäck! Das ist ein Befehl! Die Straße ist zwar naß, aber eine Weile funktioniert es so. Der Wettergott bleibt aber auch hartnäckig und nach einer halben Stunde hat er gesiegt - ich muß wohl oder über bei strömendem Regen die Überhose rauskramen. Kaum ist alles regendicht, dreht er natürlich den Hahn zu, dieser Fiesling! Er hat sein Ziel erreicht.
Auf einer alten, sehr holprigen Straße pendenl wir nun unterhalb der Autobahn eine Schlucht entlang. Kein Wunder, daß hier kein Verkehr ist, alle bevorzugen wohl die glatte, breite Piste über uns. Über einen Staudamm wechseln wir entgegen der Navi-Vorgaben auf die Nordseite der Schlucht und durchfahen ein paar verschlafene Dörfer mitten in den Weinbergen. Ein sehr lohnenswerter Abstecher. Weiter flußabwärts findet sich eine Brücke zum zurückwechseln, aber ich hätte die Zufahrt durch eine schmale, niedrige Unterführung unter der Eisenbahnlinie garantiert niemals gefunden, hätte mich nicht kurz zuvor ein Auto überholt! Ich füchte, wir müßten jetzt ein Stückchen Autobahn fahren, aber es sind nur wenige hundert Meter und auch nur eine zweispurige Straße. Dann dürfen wir abbiegen auf ein phantastisches Sträßchen. Es windet sich durch den Wald bis auf ein Plateau auf 700 m und nach einiger Zeit noch weiter bis auf 900 m. Das war ein geiler Ausflug! Unterwegs haben wir einen Mitfahrer bekommen, eine Spinne hält sich am Lenkerstulpen fest.
Hier sind sie endlich, meine geliebten, lichten Kiefernwälder! Sehr einladend für die Hängematte, aber noch viel zu früh um den Tag zu beenden. Mir fehlt außerdem bei der Kälte der Kiefernduft, Sonne und ein wenig Wärme. Und Gesellschaft! Ich fühle mich tatsächlich einsam - ein neues Gefühl, das ich sonst nicht kenne. Kann man denn nie zufrieden sein???
Aus 1000 Höhenmetern abwärts führt eine super gute Straße mit zahllosen engen Kurven, die einer Rennstrecke alle Ehre machen würden! Eine Orgie. Direkt vor der Grenze nach Portugal lädt eine gut besuchte Bar zum Essen fassen ein. Ich lasse mich einfach mal überraschen, was der Kellner mir servieren wird. Mut zur lokalen Spezialität. Es stellt sich als Kuddeln mit Bohnen und einem Hauch Chorizo heraus, nicht gerade mein Lieblingsessen - aber schlecht war es nicht. Zur Wiedergutmachung gibt es Tiramisu zum Nachtisch. Portugal empfängt mich wieder mit Regentropfen, dazu gesellen sich jetzt leichte Bauchschmerzen. Schlecht gelaunt buche ich mir schon wieder ein Hotel - ich möchte mich nur einkuscheln und ein wenig in Selbstmitleid ergehen. Die letzten Kilometer geraten wir auf eine sehr unebene, grob gepflasterte Straße, die auch nach der engen, unübersichtlichen Ortschaft weiterführt. Wunderschöne Kiefernwälder bieten schöne Campingmöglichkeiten - ich muß mich selbst auslachen, daß ich den Hotelverlockungen nachgegeben haben. "Zum Glück" regnet es wieder - eine gute Ausrede. Nach 20 min stehen wir an dem Ort, von dem Google und mein Navi behaupten, hier wäre das Hotel. Rechter Hand erstreckt sich das örtliche Schwimmbad und linker Hand sehen wir eine anscheinend geschlossene Bar. Wir zockeln suchend noch ein wenig weiter und kehren dann zur Bar zurück. Am Gebäude nebenan steht ein Schild "Hotel" und eine Telefonnummer, denn alle Läden sind geschlossen. An der Bar steht "geöffnet" und auf einem kleinen Aushang an der Tür steht der Name meines Hotels (der Name der Bar ist ein ganz anderer). Auch hier sieht alles geschlossen aus, die Hinweisschilder sagen etwas anderes. Die Tür ist wirklich verschlossen, aber da kommt jemand. Ja, hier sind wir richtig! Natürich bin ich mal wieder einziger Gast, der Wirt - er spricht sogar etwas deutsch - richtet noch schnell alles her, dann darf ich mein geräumiges Zimmer beziehen.