Samstag, 19. Oktober 2024

Kein Regen!

Als ich gestern abend bei Sturm und Regen in der Koje vor dem Laptop saß, hörte ich Schritte und dann hat jemand gepinklet. Ich habe mich total ruhig verhalten und gehofft, daß der Jemand wieder geht. Stattdessen höre ich eine weibliche Stimme "Hallo? Geht es Ihnen gut? Brauchen Sie Hilfe? Ist Ihnen kalt?" "Nein", antorte ich, "alles ist in bester Ordnung, mir geht es gut". Die Dame geht - mit ihrem pinkelnden Hund. Etwa eine Stunde später wieder die Stimme "Hallo, hier ist Joyce mit meiner Freundin Pam. Ich war vor einer Stunde hier. Ich wollte Ihnen etwas Warmes bringen." Ich bitte die Damen zur anderen Zeltseite und strecke den Kopf heraus - Joyce hat eine ganze Thermoskanne kochenden Tee und 2 Stück in Alufolie gewickelten Rosinenkuchen mitgebracht! Was für eine tolle Überraschung! "Wir wollen nicht stören oder neugierig sein, wir sind nur besorgt, ob es Ihnen gut geht!" Joyce bietet mir sogar ein Bett bei sich zu Hause an, aber jetzt ist mein Lager ja schon aufgeschlagen. Das hätten wir vorher wissen sollen.... Es entwickelt sich ein sehr nettes, längeres Gespräch. Was man nicht alles so erfährt von den Menschen: über ihren Beruf, ihre Erfahrungen, ihre Träume und Erlebnisse. Zum Schluss werde ich noch vor einem Sturm am Sonntag und Montag gewarnt.

Trotz Dach über dem Kopf ist meine Koje naß geworden und am Morgen noch nicht abgetrocknet. Die versprochene Sonne läßt nauch och auf sich warten. Die meisten Passanten heute morgen grüßen freundlich, eine Dame fängt gerne ein Gespräch mit mir an und freut sich, daß ich ihr die Hängematte genauer zeige. Joyce' Tee hat jetzt genau die richtige Temperatur und ergibt zusammen mit dem Kuchen ein fürstliches Frühstück. Noch ist es diesig und bewölkt, der dresscode bleibt bei "Regen", als wir uns aus St.John's Town of Dalry Richtung Nordwesten aufmachen.



Schon bald bricht die tiefstehende Morgensonne durch und läßt die kräftigen, bunten Herbstfarben in der klaren frischen Luft golden vor dem blauen Himmel erstrahlen. Das hebt die Stimmung immens! Fröhlich pfeifend nehmen wir noch den einen oder anderen Umweg unter die Räder, schließlich ist der Sinn des Motorradfahrens ja das fahren. Unser Übernachtungsort liegt schon fest. Wir durchqueren baumlose Hochebenen mit schwarzen wolligen Kühen ebenso wie die bekannten dunklen Urwälder um moorige Bäche. Trotz der niedrigen Temperaturen krabbeln mir ziemlich viele Insekten unter die Brille und in den Schal - wie muss das erst im Sommer sein?

Ein Wegweiser lockt uns zum Castle Dunure, das anscheinend für die TV-Serie "Der Outlander" als Drehort gedient hat. So spät im Jahr sind kaum mehr Touristen dort und es kostet auch keinen Eintritt bzw. Parkgebühren mehr. Die Kulisse ist schon phantastisch - imposant ragen die massiven Ruinen des alten Gemäuers vor der typisch schottischen Küste gegen den strahlenden Himmel auf. Etwas abseits verläuft ein kreisförmiges Steinlabyrinth um einen mystischen Stein in der Mitte. Ich versuche, mich hineinzufühlen in das Leben, das hier einmal geherrscht haben muss. Dieser Abstecher hat sich definitiv gelohnt!



Wir fahren noch eine zweite nicht so imposante Schleife an die Küste. Hunderte sonderbare, meterhohe Metallmasten stehen in Reih und Glied - was das wohl sein mag? Es stellt sich als riesiger Jachthafen in Largs mit Trockendocks für Segeljachten heraus.

Mein Regendress wird ordentlich warm, als ich Mittagessen kaufen gehe. Zum Ablegen der Regenhose bin ich allerdings zu faul und während der Fahrt ist es wenigstens kuschelig warm. Auch wenn das Licht am Spätnachmittag bedrohlich nach Gewitter aussieht, erreichen wir Sharon & Robert in Lennoxtown ohne heute einen Regentropfen abbekommen zu haben!

Es geht sehr eng hier zu, die Lisl muss zuerst abgepackt werden, bevor sie durch das schmale Gartentor passt. Dann muss sie noch um ein paar enge Ecken zirkeln, bis sie im Garten hinter dem Haus ihren Schlafplatz erreicht. Mir geht es ähnlich - mit Gepäck komme ich kaum durch den engen Flur in Finleys Zimmer, das mir der Junge für heute abtritt. Die 4-köpfige Familie mit enbenso vielen Katzen hat nur 4 kleine Zimmer, eine winzige Küche und ein genauso winziges Bad. Dennoch nehmen sie gerne Gäste auf. Gerne würde ich mich mit den Erwachsenen und den Kindern unterhalten, aber der schottische Dialekt ist so schwierig zu verstehen, dass ich eigentlich einen Dolmetscher bräuchte. Und Finley kann reden wie ein Maschinengewehr!. Es ist sehr anstrengend, darum ziehe ich mich dann auch bald zurück.

Freitag, 18. Oktober 2024

Hardknott-Pass: ein harter Brocken

Auch heute habe ich kaum geschlafen - ich habe mir die ganze Nachtmit behördlicher Kommunikation (die natürlicbh nicht wie vorgeschrieben funktionierte) um die Ohen geschlagen. Danach habe ich in dem viel zu warmen und stickigen Zimmer auf das Sandmännchen gewartet. Kurz nach zehn bin ich dann wieder mit der Lisl vereint auf der Straße. 

Wäre es trocken, ohne Laub und hätte nicht so viel Gegenverkehr, wären die ersten Kilometer Richtung Pass eine supergeile Motorradstrecke! Auf und ab, links und rechts, schnell und langsam, so geht es dahin! Wir schlagen halt wieder unser vorsichtiges Alt-Damen-Tempo an.

Der Pass: Mehrfach werden wir mit allen möglichen Schildern gewarnt, aber ich hab mir den Pass in den Kopf gesetzt, also wird jetzt auch gefahren. Das Sträßchen ist zwar asphaltiertaber in so schlechtem Zustand, dass mancher Schotterweg besser wäre. Die Oberfläche ist furchtbar bucklig und es gibt tiefe längsverlaufende Auswaschungen. Ich glaube, die 30% Steigung sind ziemlich untertrieben, manchmal scheint Lisls Vorderrad kaum noch Bodenkontakt zu haben. An den steilsten Stellen sind dann hinterlistige Kurven eingebaut...ich komme ordentlich in's Schwitzen. Ein Glück, daß uns hier niemand entgegen kommt, das wäre nicht gut gegangen! Anhalten wäre absolut unmöglich gewesen. Bis auf 450 m kämpfen wir uns in den unteren zwei Gängen auf den Sattel hinauf. Die Landschaft ist atemberaubend schön, der verwelkende Farn malt die schwarzen Felsen ockerfarben an. Dazwischen stürzen sich kleine und größere Wasserläufe über die Felsstufen hinunter. Man kann diese Schönheit nicht mit Bildern einfangen, man muss sie inhalieren! Der Abstieg ist ähnlich herausfordernd, oft langsamer als Schritttempo zirkelt die Lisl abwärts. Manchmal denke ich, ich müßte sie um die Kurven tragen, so eng sind diese. Es fühlt sich fast an, wie "am Berg wenden". Im Tal angekommen, werden wir mit einigen Kilometern ähnlich schöner Kurvenstrecke wie zu Beginn und sogar etwas Sonnenschein belohnt.

Die ersten 30 km haben ganz schön Zeit gekostet, waren aber das Abenteuer auf jeden Fall wert! Weiße Schafe mit schwarzen Köpfen (Scottisch Blackface) kenne ich schon aus meiner Jugend. Aber hier oben gibt es auch das Negativ dazu - schwarze Schafe mit weißen Köpfen. Und alle Kombinationen und Schattierungen dazwischen. Selbst die Kühe sind außergewöhnlich, ihr wolliges dunkelbraunes Fell weist EINEN Zebrastreifen auf.

Um die Mittagszeit erwischt uns dann ein dickes Regengebiet, es gießt wieder mal aus Kübeln und wir entkommen der Dusche heute nicht mehr. Gelegentlich muß Petrus wohl kurz Luft holen, aber dann dreht er den Hahn wieder auf. Einen schlimmen Guß umgehen wir an der Tankstelle, wo Lisl sich mal wieder ein Kompliment einfängt (nice bike). Ein kurzer Smalltalk mit einem "blood rider" (Bluttransporteur), der natürlich auch mehrere Motorräder hat. Kurz hinter Carlisle gibt es mal wieder eine Straßensperre mit Umleitung, der wir brav folgen. Das Ende wird durch 2 Schilder gekennzeichnet "Umleitungsende" und "Straße gesperrt"! Und jetzt? Wir sitzen in der Zwickmühle und fahren bis zur endgültigen Absperrung. Dort treiben sich zwei Bauarbeiter herum, denen ich mein Leid klage. Tja, verlegen und verständnisvoll schaut mich der eine an - und jetzt? Er schaut die Lisl an, ich frage ihn, ob sie wohl durchkommt? Ja schon, aber er darf mich ja nicht durchlassen. Oder ja, vielleicht ausnahmsweise, wenn es keiner sieht und ich es niemandem sage, sonst bekommt er großen Ärger. Danke! Nirgends gibt es irgendwelche Bauarbeiten und am Ende der Absperrung wird mit unserer Ankunft extra eine Pylone entfernt.

Schon den ganzen Nachmittag habe ich das Gefühl, es wäre Abend, so düster ist es. Unruhig suchen wir nach einem Schlafplatz, aber wie immer ist nix zu finden, es gibt auch keine erschwingliche Unterkunft. Ein eventuell geeigneter Platz stellt sich als Holzfällerlager heraus, ne, da bleiben wir lieber nicht. Die wenigen Parkplätze am Straßenrand sind leider auch nicht zu gebrauchen,ein städtischer Parkplatz am Rand einer kleinen Ortschaft ist unsere letzte Chance. Es ist schon spät. An den Parkplatz für E-Fahrzewuge grenzt ein Spielplatz vor der Grundschule an. Es gibt einen kleinen Pavillon, dermich lockt. Es ist schon frech, hier das Lageraufzuschlagen. Ich hoffe, niemand verscheucht mich. Da morgen Samstag ist, wird wohl auch morgens kaum etwas los sein und ich störe hoffentlich niemanden.

Jetzt sitze ich endlich wieder in der Koje mit all ihren Nachteilen: die Aufhängungspunkte unter dem kleinen überdachten Platz sind zu nah beieinander, darum hängt die Firstleine durch. Kaum bin ich eingestiegen, schon geht das Unwetter los, heftiger Wind treibt den Regen hemmungslos unter unser Dächlein. Ich hoffe, daß Motorradstiefel und Helm trotzdem verschont bleiben, die Koje hat ja zum Glück noch Außenwände.

Donnerstag, 17. Oktober 2024

Ein paar Enttäuschungen

Den Checkout bis 10 Uhr schaffe ich gerade so. Auch die Lisl braucht heut ein bisschen länger zum Aufwachen. Aus den Lenkerstulpen kann ich immer noch literweise Wasser herauskippen. Lisls Bremse ist wieder giftig bissig geworden - was doch so neue Beläge ausmachen können. 
Technische Erklärung: die Beläge ragen etwas über die Bremsscheibe hinaus und werden daher nur teilweise abgenutzt. An der Außenseite bildet sich ein Grat und wenn die beiden Grate aufeinandertreffen kann die Bremsscheibe dazwischen ungehindert durchlaufen - also keine Bremswirkung mehr.

Dem Moloch (englischer Ruhrpott?) wollen wir schnellstmöglich entfliehen, darum geht's auf die Autobahn. Kaum 30 km aus Liverpool draußen, stehen wir schon wieder im Stau. Wir haben keinen Regen, scheinen ihm aber hinterher zu fahren, denn die Straßen sind schon wieder nass. Ich wußte gar nicht, daß der Lake district schon hier anfängt?! Jede Weide, viele Felder und Straßen stehen auch hier unter Wasser. Pfützen und Seen soweit man schauen kann.
In Kirkby-Lonsdale lädt der Krämermarkt zu einer Pause ein. Die attraktiven Buden geben aber letztendlich nur eine leckere Schneckennudel zum essen her, alles andere kann ich nicht brauchen. Aber schön war's trotzdem.


Der Windermere-See ist Englands größter See. Er wirkt auf mich wie die großen Schweizer Seen: obwohl die Straße am See entlang führt, ist davon nur selten etwas zu sehen. In den Ortschaften ist vor lauter Touristen die Straße kaum noch zu erkennen.

Townend-Parkplatz könnte interessant zum campieren sein. Es handelt sich anscheinend um eine unter Denkmalschutz stehende Farm, die man besichtigen kann. Zwischen Parkplatz und Farm erstreckt sich eine Wiese mit tatsächlich hängemattengeeigneten Bäumen und Sitzgarnituren. Ein vorbeikommender Mann erlaubt mir, hier noch ein Weilchen zu sitzen, er wäre bald zurück. Anscheinend gehört er zum Personal, darum frage ich, ob ich hier wohl campieren könnte? Nein, das ist leider nicht erlaubt. Aber ein Stück weiter wäre eine Jugendherberge. Ja, die kenne ich, ist aber ziemlich teuer. Es fängt an zu nieseln. Ein paar Kilometer weiter gibt es noch eine Jugendherberge zum günstigeren Preis, da checke ich dann tatsächlich ein. Mittlerweile regnet es wieder in Strömen. Das Gebäude liegt direkt am Nordende des Sees, direkt am Ufer. Ich habe ein Zimmer mit Seeblick! Das große alte Gemäuer besteht eigentlich nur aus Treppenhäusern, Gängen und Abzweigungen oder Ecken - ein Labyrinth. Für 6 Schlafsäle á 6 Personen gibt es je 1 Toilette und 1 Dusche auf dem Flur - das Hostel ist voll belegt.

Auf der Suche nach Aufenthaltsräumen finde ich letztenldlich "nur" das Restaurant. Für das Abendessen wird mir ein zu hoher Preis berechnet und das Internet funktioniert auch nicht. Die Rezeptionistin wundert sich, wird aber den technischen Service anrufen. Das wird allerdings dauern. Es gibt noch das Fernsehzimmer, das aber von einem Vater mit 2 Kindern komplett belegt ist und den großen Frühstücksraum, in dem sich ein Päärchen neben mich setzt und auf dem Laptop lautstarke Filme anschaut. Das Internet funktioniert auch hier nicht, laut Rezeptionistin funktioniert es sowieso nur im Erdgeschoß. Ich versuche es mit meinem eigenen Internet und einem Hotspot, aber auch das ist extrem langsam - scheint, wir sind hier in einem Internetloch. Und es gibt keine ruhige Ecke zum Schreiben! Ich sehne mich nach einem ruhigen Plätzchen an der frischen Luft!

Für morgen ist wieder viel Regen angesagt und kein Dach in Sicht....

Mittwoch, 16. Oktober 2024

Raining cats & dogs

Der Wetterbericht hat es ja vorhergesagt - viel Regen hier und heute. Aber ich habe gehofft, dass ich vielleicht trotzdem die Lisl ein wenig inspizieren könnte, sie braucht unbedingt neue Bremsbeläge. Leider keine Chance - es regnet "cats and dogs". Nicht mal im Regenkombi würde ich vor die Tür gehen. Also muss ich wohl ein bisschen studieren.

Nein, ich war einfach viel zu müde zum studieren, darum war es eben ein Gammeltag. Am frühen Nachmittag mache ich mich in der Motorradregenjacke und Motorradstiefeln auf den Weg zum nahegelegenen Royal Albert dock und werde dabei trotzdem klatschnass. Im Prinzip handelt es sich hierbei um einen langen Gebäudekomplex mit Galerie rund um ein Hafenbecken. In dem Gebäude sind lauter kleine Läden und Restaurants untergebracht, Hier wird man wenigstens nicht naß. Endlich läßt der Regen nach, hört sogar kurz auf. Da spurte ich zur JuHe zurück, wechsle schnell Lisls Bremsbeläge und checke noch ein paar Kleinigkeiten. Es nieselt dabei schon wieder...also jetzt unter eine heiße Dusche und dann ins Bett.

Dienstag, 15. Oktober 2024

Liverpool



Ich habe nicht viel geschlafen in dieser Nacht, das Balancieren auf dem Dünengipfel hat mich davon abgehalten. Am Morgen ist es ungemütlich bewölkt, darum zieht sich der Aufbruch auch wieder hin. Zuerst braucht die Lisl wieder festen Boden unter den Füßen, dann kann ich sie bepacken. Überall stehen Schilder, dass hier Hunde verboten sind - Campingverbote gibt es nicht. Darum sieht man auch niemanden hier übernachten, aber alle Menschen ihre Hunde Gassi führen. Ha ha...

Kaum gestartet, fängt es auch schon an zu nieseln. Nein, die Regenhose packe ich jetzt nicht aus, nur die Motorradbrille. Eine halbe Stunde später muss ich dann doch nachgeben und die Hose anziehen. Durch den herbstfarbenen uralten Wald windet sich das schmale Sträßchen entlang eines gischtenden Wildbaches den Berg hinauf zum Pen y pass auf gut 400 m. Dort gibt es kostenpflichtige Parkplätze, Cafes und Andenkenläden - ein Aufriss wie auf den 1000 m höheren Alpenpässen. Das schenken wir uns. Der Abstieg ist ebenso schön und bietet auch wieder herrliche Ausblicke.

Mittagspause: die Lisl säuft wie ein Loch! Na ja, bei einem Durchschnittstempo von 30 km/h kommt man mit dem Sprit halt nicht so weit.
Die Burg "Caernaforn" soll sehenswert sein. Eine beeindruckend dicke und gut erhaltene Mauer umgibt einen ganzen Stadtteil dicht gedrängrer Reihenhäuser. Einmal innerhalb der Mauer gefangen, finden wir kaum mehr heraus - Einbahnstraßen (meist in der falschen Richtung) und Sackgassen. Mitten drin, direkt am Hafen findet sich die eigentliche Burg. Sie ist ebenfalls perfekt erhalten und sehr trutzig. Den Eintritt von 15 Pfund schenke ich mir, es wird ja aussehen wie in den meisten Burgen oder Schlössern. Es ist warm geworden. Ich bin schon am Überlegen, ob ich eine Lage Klamotten los werden soll, da nähern wir uns wieder den eklig feuchtkalten Bergen. 

Wir werden heute in Liverpool in einer Jugendherberge einkehren und 2 Nächte dort bleiben, da für morgen wieder mal heftiger Regen angesagt ist. Die Zeit rinnt dahin auf den kleinen Sträßchen und wir haben noch einen weiten Weg vor uns, darum muss das Navi jetzt die schnelle Version anzeigen. Und schhon sind wir auf einer Autobahn. Einerseits ist das angenehm, denn ich bin müde und es geht gleichmäßig flott dahin, andererseits ist es stressig bei dem dichten Verkehr. Insbesondere bei den vielen Kreiseln und Stadtdurchquerungen. Wir kommen jetzt in den Moloch rund um Liverpool. 

Gegen 18 Uhr erreichen wir die Herberge ohne viele Umwege. Sie hat einen abgesperrten Parkplatz und die Lisl soll zusätzlich abgeschlossen werden. Dafür gibt es eine extra starke Kette mit Vorhängeschloss und Pfosten direkt vor dem Eingang. Hier scheinen Motorräder viel und oft gestohlen zu werden. Angeblich kommen die Diebe mit dem LKW und laden die Zweiräder komplett auf. Eine ganz ungewohnte Aufbewahrung für die Lisl. Aber auch für mich:ich werde zwar nicht angekettet, aber bekomme ein Bett im 6-Bett-Schlafsaal. Im Aufenthaltsraum tobt je eine deutsche und eine französische Schulklasse - sie übertrumpfen sich an Lautstärke. Als ich in einen anderen Raum umziehe, wechseln auch sie den Standort - nach weiteren 2 Wechseln habe ich ein ruhigeres Eckchen gefunden. Dafür geht jetzt der Steckdosenadapter kaputt (chinesisches Produkt). Immerhin hat die JuHe solche Dinge vorrätig. Gut. Gute Nacht.

Montag, 14. Oktober 2024

Dem Regen entfohen

Um halb neun bekomme ich, wie ausgemacht, von Carol Frühstück serviert. In der Nacht ist wohl das befürchtete Regengebiet schon durchgezogen - ist das nicht herrlich, wenn man davon nichts mitbekommt, nichts ins Trockene bringen muss und keine Ausrüstung festhalten muss? Die Straße ist noch naß und am Himmel hängen tief dicke Wolken. Bei 8 Grad und gut eingepackt geht es heute schon früh los. 

Die Sträßchen sind wieder toll, aber der Übermut läßt auf sich warten.
Telefonzellen sind nur noch in Ausnahmefällen mit einem (funktionsfähigen?) Apparat versehen, entweder stehen sie leer herum oder haben sich in Büchertauschbörsen verwandelt.
Vor den Häusern stehen verschiedenfarbige Stapelboxen, das scheint hier die Mülltrennung zu sein.


Bald erreichen wir den Snowdonia-Nationalpark mit dem höchsten Berg Englands. Diesen Pass nehmen wir unter die Räder. Bei eisigem Wiind klettern wir das schmale, kaum befahrene Sträßchen bis auf 600 m hoch, fahren aber schnell wieder abwärts in windärmere Regionen. Dabei begegnet uns eine Horde Motorradfahrer und ein paar Rennwagen. Natürlich ist die Landschaft hier wieder atemberaubend: uralte, vermooste Bäume, unendliche Seen, braune Hochmoore und ab und zu sogar blanke Felsen.


Um die Mittagszeit hat die Sonne den Himmel zurückerobert, während wir schon bald unser heutiges Ziel Porthmadog, ein hübsches Küstenstädtchen,  erreichen. Einen kurzen Blick kann ich auf eine historische Eisenbahn erhaschen, die dampfend auf einem gemauerten Damm den Strand entlang fährt. In einem kleinen Bistro kann ich in der Sonne auf der Straße sitzen - jetzt ist es richtig warm! Heiße Schokolade und die Tagessuppe tun ein Übriges. Endlich kann ich auch ein paar Postkarten (ja, das gibt es noch!) schreiben. Beim Bäcker kann ich nicht vorbei, ohne Scones zu kaufen. Da ich hier kein Geld getauscht habe, muss ich mit Karte zahlen, was hier 2 Pfund extra kostet. Die Dame erläßt mir freundlicherweise die Gebühr, sehr nett!  Dann suchen wir die Campingplätze am Strand, ein paar Kilometer außerhalb, auf. Ich weiß, daß sie geschlossen sind, hoffe aber trotzdem auf eine Möglichkeit. Unsere Etappenziele richten sich mittlerweile nicht mehr nach Entfernung sondern nach Übernachtungsmöglichkeit und Wetter.


Beim ersten Campingplatz führt ein Sandweg zum Strand, wo sich eine feste Piste gebildet hat. Obwohl dort einige Autos herumfahren oder geparkt haben, möchten wir nicht das Risiko eingehen, daß die Lisl sich festfährt. Vor den Toren des zweiten Campingplatzes schlängelt sich ein schmaler Fußweg durch die Sanddünen - ein paar Meter darf die Lisl hineinfahren, dann stelle ich sie ab. Ich selbst finde ca. 100 m weiter, außer Sichtweite) ein sandiges Plätzchen auf eiiner Düne zwischen Dünengras. Natürlich halten keine Heringe und zum Aufhängen gibt es erst recht keine Möglichkeit. Ich bin gespannt, wie die Nacht in der Koje verläuft.

Entspannung in der Abendsonne bei Meeresrauschen.

Sonntag, 13. Oktober 2024

Ein Studientag?

Heut wird nicht gefahren! Ich bin seit gestern bei Carol und Tony eingekehrt. Das sind wirklich sehr nette und unkomplizierte ältere Leute! Was sich anfänglich noch wie "Besuch" anfühlt, ändert sich sehr schnell in "Familie". EAm Abend gibt es heute noch ein Sternemenü vom Allerfeinsten - Carol liebt kochen und das schmeckt man. Ein herzliches Dankeschön!

Ich habe den Tag ein wenig zum Studieren und Lernen genutzt, aber ansonsten, um den nächsten Streckenabschnitt zu planen. Wetterbedingt wollte ich noch eine Nacht bleiben, aber die Lage hat sich veränddert und veranlasst mich dazu, morgen schon weiter zu fahren, um den Regengebieten zu entkommen.