Heute muß ich nicht warten, bis das Zelt abtrocknet - der Nebel hängt tief und schwer über dem Platz, da trocknet nichts. Kurz schaut ein Fleckchen blauer Himmel durch, um ganz schnell wieder zu verschwinden. Die Suppe wird so dick, daß ich die Nebelbrille auspacken muß. Teilweise nieselt oder tröpfelt es sogar. "Bereits" um halb elf rollen die Räder.
Gesperrt! (in 2,5 km) Interessiert mich nicht, ich kann kein französisch. Nach 1 km wieder "gesperrt"! Und dann nach 500 m "gesperrt"! Eifrig ignorieren wir alle Sperr- oder Einbanhstraßenschilder und fahren gut damit. Am Ende gab es keine Hindernisse oder Störenfriede. Das erleben wir heute ein paar mal. Manchmal funktioniert das eben mit dem "einfach ignorieren".
Der ausgewiesene Naturpark hat mich bisher sehr enttäuscht. Aber jetzt führt ein schmales Stäßchen am Kanal entlang. Rechter Hand schöne Alleebäume, links der Kanal und auf der anderen Seite reihen sich die Häuser mit hübschen Gärten. Vor jedem Anwesen gibt es einen Bootssteg und meist auch ein Boot. Manche Ruderboote sind allerdings schon halb abgesoffen, an anderen Stegen liegen kleine Yachten. Die Wasserstraße verzweigt sich, wir drehen ab, kreuzen aber einen anderen Kanalabschnitt in der Nähe einer Burg wieder. Ja, dieses Stückchen Erde ist schön.
Am Nachmittag wird es zunehmend heller, am wilden Himmel finden spannende Wolkenspiele statt. Von schwarzen Regenwolken bis hin zu Schäfchenwolken ist alles vertreten, doch heute gewinnt die Sonne die Oberhand! Wir gondeln fröhlich auf leider meist schnurgeraden Nebenstraßen durch Felder, Wiesen, Wälder und Hecken. Irgendwann wird es ein kleines bißchen hügeliger. Weinfelder tauchen auf. Die Hinweisschilder zeigen "Cognac". Eine Zeitlang folgen wir diesen, dann drehen wir aber ab Richtung Bordeaux. Ich bin ja keine Schnapsdrossel - Wein ist mir lieber!
Das Dörfchen mit dem Schulfest war sehr nett, mit netten Leuten. Mein Pullover ist seither im Tankrucksack verstaut - es ist warm geworden. Mein Navi findet jetzt sehr nette Sträßchen mit netten Kurven bei nettem Sonnenschein.
Punkt 16 Uhr beginnt die Schlafplatzsuche. Da wir auf Nebensträßchen unterwegs sind, gibt es keine fein angelegten Parkplätze mit Infrastruktur. Bäume gibt es ja genug, aber die Wälder sind buschig und mit Efeu und Brombeeren zugewuchert. Meine Methode, auf der Karte einen Parkplatz zu finden versagt heute. Ich halte intensiv Ausschau und finde viele schöne Bäume auf schönen Wiesen - alle in schön angelegten Gärten. Schon möchte ich an irgendeinem öffentlichen Platz bleiben, da fällt mir so eine Anlage vor einem Bauernhof auf. Vielleicht gibt's hinter dem Hof auch noch Bäume? Ne, gibt es nicht, aber jetzt bin ich schon mal auf diesem kleinen Sträßchen und fahre weiter. Ein Wälchen - unbrauchbar. Weingärten - unbrauchbar. Weiter. Von einer Anhöhe aus kann ich ein Gebäude mit 2 passenden Bäumen sehen - es ist eine Scheune. Davor ein grüner Wiesenplatz, keine Brombeeren oder anderes Gestrüpp. Und der feste Feldweg führt bis dorthin. Hier bleiben wir! In der Koje sitzend darf ich einen goldenen Sonnenuntergang erleben. Immer wieder fliegen kleine Sportflugzeuge niedrig über uns hinweg.