Samstag, 9. November 2024

Wolkenspiele

Heute muß ich nicht warten, bis das Zelt abtrocknet - der Nebel hängt tief und schwer über dem Platz, da trocknet nichts. Kurz schaut ein Fleckchen blauer Himmel durch, um ganz schnell wieder zu verschwinden. Die Suppe wird so dick, daß ich die Nebelbrille auspacken muß. Teilweise nieselt oder tröpfelt es sogar. "Bereits" um halb elf rollen die Räder.

Gesperrt! (in 2,5 km) Interessiert mich nicht, ich kann kein französisch. Nach 1 km wieder "gesperrt"! Und dann nach 500 m "gesperrt"! Eifrig ignorieren wir alle Sperr- oder Einbanhstraßenschilder und fahren gut damit. Am Ende gab es keine Hindernisse oder Störenfriede. Das erleben wir heute ein paar mal. Manchmal funktioniert das eben mit dem "einfach ignorieren".

Der ausgewiesene Naturpark hat mich bisher sehr enttäuscht. Aber jetzt führt ein schmales Stäßchen am Kanal entlang. Rechter Hand schöne Alleebäume, links der Kanal und auf der anderen Seite reihen sich die Häuser mit hübschen Gärten. Vor jedem Anwesen gibt es einen Bootssteg und meist auch ein Boot. Manche Ruderboote sind allerdings schon halb abgesoffen, an anderen Stegen liegen kleine Yachten. Die Wasserstraße verzweigt sich, wir drehen ab, kreuzen aber einen anderen Kanalabschnitt in der Nähe einer Burg wieder. Ja, dieses Stückchen Erde ist schön.


Wir brauchen heute: ein paar Lebensmittel, Sprit, Wasser und eine Toilette. Die Lebensmittel finden wir in einem kleinen Dorfladen um die Mittagszeit. Kurz darauf bekommt die Lisl ihren Nachschub. An anderer Stelle gibt es einen schönen Brunnen mit Handpumpe - leider kommt kein Wasser...... In einem wirklich keinen Ort ist gleich nach der Kreuzung ein Parkplatz mit Toiletten ausgeschildert. Dahinter liegt ein grüner, bewaldeter Spielplatz, auf dem Kinder in süßen Kostümen toben. die Toiletten sind geschlossen, aber der Saal in diesem Gemeindehaus ist geöffnet. Es wird Kuchen und Süßigkeiten angeboten. Ja, ich darf die Toilette benutzen und auch meinen Wasserkanister füllen. Gerne kaufe ich auch einen Crepe für 1 € bei diesem Schulfest. Ich bezahle mit 2€ und schenke das Wechselgeld der Schule - die freundliche Frau am Verkauf freut sich riesig! So kleine Dinge...


Am Nachmittag wird es zunehmend heller, am wilden Himmel finden spannende Wolkenspiele statt. Von schwarzen Regenwolken bis hin zu Schäfchenwolken ist alles vertreten, doch heute gewinnt die Sonne die Oberhand! Wir gondeln fröhlich auf leider meist schnurgeraden Nebenstraßen durch Felder, Wiesen, Wälder und Hecken. Irgendwann wird es ein kleines bißchen hügeliger. Weinfelder tauchen auf. Die Hinweisschilder zeigen "Cognac". Eine Zeitlang folgen wir diesen, dann drehen wir aber ab Richtung Bordeaux. Ich bin ja keine Schnapsdrossel - Wein ist mir lieber!

Das Dörfchen mit dem Schulfest war sehr nett, mit netten Leuten. Mein Pullover ist seither im Tankrucksack verstaut - es ist warm geworden. Mein Navi findet jetzt sehr nette Sträßchen mit netten Kurven bei nettem Sonnenschein.

Punkt 16 Uhr beginnt die Schlafplatzsuche. Da wir auf Nebensträßchen unterwegs sind, gibt es keine fein angelegten Parkplätze mit Infrastruktur. Bäume gibt es ja genug, aber die Wälder sind buschig und mit Efeu und Brombeeren zugewuchert. Meine Methode, auf der Karte einen Parkplatz zu finden versagt heute. Ich halte intensiv Ausschau und finde viele schöne Bäume auf schönen Wiesen - alle in schön angelegten Gärten. Schon möchte ich an irgendeinem öffentlichen Platz bleiben, da fällt mir so eine Anlage vor einem Bauernhof auf. Vielleicht gibt's hinter dem Hof auch noch Bäume? Ne, gibt es nicht, aber jetzt bin ich schon mal auf diesem kleinen Sträßchen und fahre weiter. Ein Wälchen - unbrauchbar. Weingärten - unbrauchbar. Weiter. Von einer Anhöhe aus kann ich ein Gebäude mit 2 passenden Bäumen sehen - es ist eine Scheune. Davor ein grüner Wiesenplatz, keine Brombeeren oder anderes Gestrüpp. Und der feste Feldweg führt bis dorthin. Hier bleiben wir! In der Koje sitzend darf ich einen goldenen Sonnenuntergang erleben. Immer wieder fliegen kleine Sportflugzeuge niedrig über uns hinweg.


Freitag, 8. November 2024

Strecke?

Am gestrigen Abend herrscht noch reger Autoverkehr, scheint ein Treffpunkt für junge Leute zu sein.  Die Gänse schlafen in der Nacht und am Morgen weckt mich das Gegurre der Tauben. Auch die Kinder sind schon auf, sie lernen - je nach Altersklasse - rudern, paddeln oder segeln. Die Segler werden vom Motorboot im Gänsemrasch auf den See hinaus gezogen. Weil ich ja wieder "warten muß bis das Zelt trocken ist", brechen wir erst kurz nach 11 Uhr auf. Zwischen uns und der Küste liegt ein Sumpfgebiet, das wenig interessant ist. Abgesehen von einer kleinen Fähre, mit der wir kurz übersetzen müssen. Das Land ist flach, die Straßen kerzengerade - wir machen Strecke. Bäcker gibt es nicht überall, aber Frisöre winken an jeder Ecke! Daß wir langsam nach Süden kommen sieht man an den immer noch grünen Bäumen und einigen blühenden Blumen.

Was ich sonst selten tue - ich verfolge die Nachrichten! Sowohl in den "Qualitätsmedien" als auch in den "Alternativen Medien". Im Moment tut sich so viel auf der Welt - es ist spannend! (Siegerparteien dürfen nicht regieren, Trump und der Ampelbruch). Die mittägliche Vesperpause findet in einem kleinen Park am Stadtrand statt - es gibt noch genügend Backwaren, Käse und Tomätchen.

Weiter geht's durch eine von braunen Tümpeln und Gräben durchsetzten Marsch-Landschaft. Sie hat sicher auch irgendeinen Nutzen, der sich mir aber nicht offenbart. In La Barre de Monts sind noch Fischerhütten auf Stelzen mit großen Fangnetzen, den sogenannten "Carrelets"zu sehen. Eine sehr traditionelle Art zu fischen, die anscheinend immer noch praktiziert wird. Schlagartig herrscht jetzt Mittelmeerfeeling. Nicht nur die Vegetation sondern auch der Baustil sind mediterran: die Häuser sind flache, hell verputzte Ziegelbauten mit orangen Ziegeldächern anstelle der groben Natursteinklötze im Norden.

Lass uns wieder raus ans Meer fahren. Leider ist der Streifen zwischen Straße und Meer entweder verbaut oder die Sicht wird von hohen, dicht bewaldeten Sanddünen versperrt. Oh, hier ist der Strand angeschrieben - nix wie raus. Ein endlos langer weißer Sandstrand erstreckt sich neben der hübsch gemachten Promendade. Hotels und Appartementhäuser sind jetzt allerdings ziemlich leeer, nur wenige Touristen tummeln sich derzeit hier. Das war ein schönes, lohnenswertes Intermezzo.

Unser heutiges Tagesziel werden wir wohl nicht erreichen, ein Nationalpark nördlich von La Rochelle. Es ist fast 5 Uhr und wir hätten noch über 1 Stunde zu fahren. Also mache ich es wie gestern: auf der Karte einen Parkplatz in der Nähe suchen. Nicht weit scheint einer am Ende einer Stichstraße am Waldrand zu liegen. Passt. Wie immer ist das natürlich ein beliebter Hunde-Gassigeh-Ort, aber wir werden nicht verscheucht sondern höchstens gefragt, ob das nicht gefährlich ist, so alleine zu übernachten.... Zum Abendessen gibt es das restliche Stück Blumenkohl, diesmal gekocht und mit Käse ergänzt. Als Nachtisch die Esskastanien von gestern. Um 6 Uhr ist es dunkel, die Käuzchen erwachen, ansonsten wird es ruhig.


Donnerstag, 7. November 2024

Duft des Tages

Ich wache zeitig auf aber der Nebel hängt noch tief und das Zeltdach trieft. Eine gute Ausrede um noch ein Weilchen liegen zu bleiben. Obwohl bald die Sonne durchbricht, trocknet nichts, die Koje hängt im Schatten der Bäume. Ein neues Experiment: ich stelle den Kocher unter das Dach und hoffe, daß hierdurch etwas verdampft? Na ja, ein klein bißchen, aber nicht genug. Der Schimmel hat sich jetzt auch im Inneren der Luftmatratze eingenistet und im Küchenkoffer steht schon wieder Kondenswasser. Aufbruch. Das Navi will heute anders als ich, aber ich bestimme, daß wir dieses herrlich kurvige Sträßchen fahren, auch wenn es ein Umweg ist! Das nette kleine Waldsträßchen ist eine gute Morgenübung. Der Sonne entgegen, die vom neuen Straßenbelag reflektiert wird und mich blendet.

Der Weg ist das Ziel, darum sind wir ja angekommen. "On the road" ist unser zu Hause. Alles was uns unter die Räder gerät ist willkommen und wir genießen die Fahrt durch die Herbstlandschaft bei schönem Wetter. Licht und Schatten erfreuen mich. Dann geraten wir in eine Rauchwolke - oh, hier wird Schinken geräuchert! Hmm - lecker! Das ist heute der Duft des Tages!

Manchmal denke ich, wir sind zu schnell, dann wieder habe ich das Gefühl, wir sind zu langsam...ich habe ja keinen ordentlichen Zeitplan. Einen weiteren Schlenker im Süden der Bretagne kürze ich aus der Route und wir steuern direkt Nantes an. In spätestens 3 Wochen muss ich im Süden von Portugal sein - meine Ersatzteile sind bei Rudi angekommen, fliegen mit nach Portugal und werden dort 3 Wochen lang bereit liegen.

In Pontivy gibt's Futter für die Lisl und für mich. In der Bäckerei kann ich mich wieder nicht entscheiden, was ich NICHT kaufen soll. Im Supermarkt nebenan decke ich mich mit französischem Käse und Tomätchen ein. Oh - und mit französichem Nougat - den liebe ich! An der Kasse zahle ich bar - mit 100 €. Frechheit! Da muss die Chefin her, die den Hunni erstmal konfisziert. Nach ein paar Minuten kommt sie mit positivem Prüfergebnis zurück - akzeptiert.

Nach der Pause hat sich die Sonne zur Mittagsruhe hinter einen dichten Wolkenvorhang zurückgezogen. Der Wettercheck zeigt, daß außer der Bretagne ganz Frankreich von Wolken überzogen ist, eine Routenänderung bringt also nichts. Landschaftlich ist ohnehin nichts Besonderes zu sehen: Felder, Weiden, Wald, leichte Hügel.

Den Übenachtungsplatz heute habe ich auf der Karte ausgesucht: ein See im Wald, eine Stichstraße und ein Parkplatz. Siehe da - es wird geliefert wie gewünscht. Genug Bäume zur Auswahl, eine schöne Wiese mit Sitzgarnituren und Graugänse als Nachbarn. Gegenüber scheint eine Segelschule zu sein, fröhliches Kindergeschrei schallt herüber. Es gibt eine Feuerstelle aber mit dem nassen Holz ist leider kein Feuer zu entfachen. Allerdings habe ich Esskastanien entdeckt. Die meisten sind schon verschwunden, aber ein paar kann ich doch einsammeln.



Mittwoch, 6. November 2024

perfekt, abwechlungsreich, vielfältig

Die Lisl frisch besohlt und ich gut gefüttert geht's um 10 Uhr wieder auf die Piste. Der Nebel treibt sich in höheren Gefilden rum, d.h. es ist bedeckt bei angenehmen 14 Grad. Im Lauf des Tages klettert die Temperatur sogar auf 18 Grad. Wir fahren noch kurz nach Westen bis zur Küste und folgen ihr dann auf einem wunderschönen einsamen Sträßchen nach Norden bzw. Osten. Viele jetzt geschlossene Campingplätze säumen die Straße. Wir genießen den Ausblick auf die vielfältige Küste: kleine sandige Buchten, weites Watt mit trocken liegenden Booten, weite goldgelbe Sandstrände und große rundgeschliffene Felsen, die von der Küste weit ins Wasser hinein reichen. Das sieht manchmal aus, als ob Riesen hier Mauern errichtet hätten. So abwechslungsreich! Ein paar bewachsene Sanddünen zwischen den Felsen und ein langer goldener Strand laden zum Verweilen ein. Leider stört der manchmal unangenehme Geruch von Tang. Gerüche gibt es allerdings auch sehr schöne - in einer kleinen Ortschaft duftet es herrlich nach frischen Zwiebeln. Und nach Holzfeuer. Dies und die frische Luft um die Nase macht den riesigen Unterschied zum Autofahren aus. Wir fühlen uns pudelwohl!


Gegen Mittag soll ich wegen der Bremsbeläge anrufen, aber ich habe bereits Info, dass sie schon unterwegs sind. Die Ersatz-Baumriemen sind sogar schon bei meinem Transporteur angekommen. Es läuft. In der Dorfbäckerei kann ich mich mal wieder nicht entscheiden, am liebsten würde ich ja die ganze Bäckerei kaufen. Letztendlich wird es eine warme Quiche und ein dunkles Baguette, das mich anlacht. Es stellt sich als Schokoladenbrot heraus - auch lecker.

Unsere Route zweigt jetzt nach Süden ab, Richtung Landesinnerem. Der Himmel wird heller und heller bis wir schließlich weiß-blauen Himmel und Sonnenschein haben. Hier im Flachland wird Landwirtschaft betrieben - man sieht's und riecht's. Glückliche Schweine dürfen den Acker umgraben und wir hoppeln auf Feldwegen zwischen Kohlfeldern hindurch. Oh, da liegen doch ein paar Blumenkohlköpfe in der Feldeinfahrt? Die sind sicher vom Wagen gefallen und rufen nun "nimm mich mit!". Nur einer kann jedoch die Freifahrt bei uns gewinnen - hoffentlich passt die Lisl besser auf und verliert ihn nicht. Ich freue mich schon auf einen Salat heute abend!

Dann tauchen in der Ferne Berge auf, an denen die Wolken hängengeblieben sind. Die Lisl klettert kurvige Sträßchen empor bis wir in alte Wälder eintauchen. Abseits meiner geplanten Route lockt - laut Karte - ein kurvenreiches Sträßchen durch entlang eines Baches. Die Abzweigung liegt an einem Bauernhof, der anscheinend auch eine Art Freilandmuseum ist. Zumindest deuten einige traditionelle Gebäude darauf hin. Direkt dahinter liegt versteckt ein Wohnmobil-Stellplatz, den wir uns anschauen. Nur ein einziges WoMo steht dort. Ein bisschen umschauen - ja, hier bleiben wir. Es gibt 2 passende Bäume und sogar frisches Wasser. Abendessen zubereiten - ich freue mich ja so auf den Blumenkohl. Zusammen mit einer Tomate, Zwiebel, Couscous und Chili gibt das einen sehr leckeren Salat. Es bleibt allerdings noch ziemlich viel übrig, ich hoffe, das ist morgen transportabel und genießbar.


Bald schon verschwindet die Sonne hinterm Wald, es wird frisch und die Mücken tummeln sich. Aber nicht in meiner Koje - das Moskitonetz hält sie fern. Nebenan läuten die Glocken der Ziegen, die sich nun an den Blumenkohlblättern gütlich tun. Ich werde später das Zelt ganz schließen, denn es wird neblig heute Nacht.




Dienstag, 5. November 2024

Alles egal

Endlich trocken und nicht allzu kalt (8 Grad) geschlafen. Es ist relativ ruhig am Morgen, nur vereinzelt kommt jemand vorbei und fragt mich, ob ich hier gut geschlafen hätte. Nebel hat es dennoch - zuerst nicht so dicht, dann aber wieder so naß, daß ich leider die Motorradbrille aufsezten muß. Kaum hab ich sie auf, kommt die Sonne hervor - einige Kilometer dürfen wir dann bei Sonnenschein genießen, bevor der graue Nebel wieder einfällt. Tristes Novemberwetter. Die Gerüche haben sich ebenfalls der Jahreszeit angepaßt: statt Heuduft steigt feiner Holzfeuerduft in die Nase.

In einem kleinen Dorf kommt mir eine Frau mit Baguette unterm Arm entgegen aber weit und breit ist keine Bäkerei zu sehen. Die Lösung steht am Ortsende: ein Baguette-Automat! Um die Mittagszeit wird die Lisl hungrig, aber auf unseren kleinen Sträßchen findet sich so gut wie nie eine Tankstelle, also muss Tante Google wieder helfen. Einmal um die halbe Stadt, findet sich eine Intermarché-Tankstelle, die mit Kartenautomat funktioniert. Im zugehörigen Supermarkt möchte ich noch etwas für die Kinder meines Gastgebers kaufen, aber hier wird mir die Tür vor der Nase zugeschlossen.

Die unendliche Geschichte - Reifensuche. Gefühlte 5 Wochen bin ich nun schon auf der Suche...ok, laß es 2 Wochen sein. Ich weiß nicht mehr weiter. Meine gestrige Hoffnung auf ein Reifengeschäft in der Nähe, das angeblich meinen Wunschreifen vorrätig hat, zerschlägt sich. Meine Telefonate werden alle abgewiesen, aber ich verstehe nicht warum. Mein heutiger Gastgeber findet heraus, daß der Laden gar nicht mehr existiert!
Nun muß mein guter französisch sprechender Freund Truls helfen! Ich versorge ihn mit Internetlink, Telefonnummern und meiner gewünschten Reifengröße. Er kommt immerhin soweit, daß Hoffnung besteht, in Brest einen Reifen bestellen zu können. Lieferzeit mehrere Tage oder Wochen! Jetzt ist mir alles wurscht (egal), ich werfe alle Pläne über den Haufen, ignoriere den seltenen Sonnenschein und fahre auf dem kürzesten Weg nach Brest! Dafür nehmen wir sogar Autobahn in Kauf und radieren den Hinterreifen endültig herunter! Unterwegs gibt es noch ein großen Motorradgeschäft aus der gleichen Kette, aber die haben Lisl's Reifengröße überhaupt nicht vorrätig. Auch in Brest wollen sie mich schon unverrichteter Dinge wieder wegschicken, als ein Mechaniker vorsichtshalber nochmal nachschauen geht: genau EIN einziger Reifen in meiner Größe ist tatsächlich vorhanden. Mittlerweile nehme ich jede Marke oder jedes Profil, das kein Rennreifen ist... Sie haben sogar Zeit, den Reifen sofort zu montieren - den Hinterrad-Aus- und -Einbau nehme ich selbst vor. Puh! Die Lisl hat einen neuen Schuh! Endlich! Der alte hat 13.000 km gehalten - stolze Leistung! Die Dame an der Kasse ist die einzige Person im Laden, die englisch spricht. Es dauert eine Weile, bis sie alles richtig eingegeben hat und mir den Preis nennt. "Ist das ok für Dich?" fragt sie. Muß es ja wohl, aber ich sage im Scherz einfach mal "nein". Wir lachen und ich bezahle natürlich. Dann frage ich nach der Rechnung, bekomme eine Quittung mit dem Gesamtpreis. Nein, ich meine, Reifen und Montage getrennt aufgeführt. Oh, nein, sie hat vergessen die Montage zu berechnen! Das ist ihr aber jetzt zu kompliziert und sie verzichtet auf den Betrag. "Ist das ok für Dich?" fragt sie erneut. "Aber sicher!" ist meine Antwort - Glück gehabt.
Gleich um die Ecke wohnt der freundliche BMW-Händler, den ich mal nach Bremsbelägen frage. Tja, die Lisl ist viel zu alt, dafür gibt's keine Ersatzteile mehr!

Mein Gastgeber ist noch bei der Arbeit und seine Frau ist viel beschäftigt. Bis zum vereinbarten Ankunftszeitpunkt ist noch etwas Zeit, die ich nutze um weitere Dinge zu organisieren: die Lisl wird demnächst auch neue Bremsbeläge brauchen und es wäre schön, Ersatz für die vergessenen Baumriemen zu haben. Beides bekomme ich in Deutschland innerhalb weniger Tage - aber wie kommen wir zusammen? Da erinnere ich mich an Freund Rudi, der am Freitag nach Portugal fliegt - vielleicht kann er die Dinge ja mitbringen? Ist zeitlich ziemlich knapp, aber es ist einen Versuch wert. Das Material lasse ich per Express direkt zu ihm schicken, hoffe, daß es rechtzeitig ankommt und noch Platz im Handgepäck findet.

Die Mädels der Familie begrüßen mich mit allen ihren Sprachkenntnissen. Aurelie, die Mama, begrüßt mich in englisch und deutsch. Dafür, daß sie seit Schulende vor 20 Jahren kein Deutsch mehr gesprochen hat - alle Achtung. Louise (15) lernt englisch und italienisch und Salomè (12) macht ihre ersten Geversuche in englisch und spanisch. Bestimmt 10 min lang werden alle Sprachen ausprobiert. Dann überläßt mir Salomé großzügig ihr Zimmer mit allen Kuscheltieren und der bunten Überraschungsbeleuchtung!

Die heiße Dusche tut vor allem meinen Haaren gut. Und natürlich dem allgemeinen Duft. Aurelie serviert ein 4-Gänge-Menü, natürich mit Käsegang! Und natürlich ein Glas Wein! Mein Jahresverbrauch an Wein ist schon lange überschritten! Ich erfahre viel über französiche Lebensweise, insbesondere schulische Besonderheiten. Antoine zeigt mir die schönsten Ecken in der Gegend, so dass ich die morgige Etappe planen kann. Bislang konnte ich die Bretagne ja nicht genießen.

Montag, 4. November 2024

Dicke Suppe und immer noch keinen Reifen

Egal wie und wo ich meine Nächte verbringe, ich brauche immer 2 Stunden für den Aufbruch. Heut ist es schon fast Mittag! Der Novembernebel hängt in den Bäumen, das Tarp ist etwas feucht, aber nicht nass. Wir fahren die Straße noch bis zum Ende am Strand -  es hätte noch ein paar zweitbeste Campingmöglichkeiten gegeben. 

Für die Reifenbeschaffung ist immer noch keine Lösung in Sicht. Ich hatte direkt Kontakt mit dem Reifenhersteller in Deutschland Kontakt aufgenommen, die Adresse des französischen Generalimporteurs und von dort die Antwort bekommen "Den Reifen haben wir leider nicht am Lager und bekommen ihn auch kurzfristig nicht." Ich suche eine Tankstelle mit Aufenthaltsmögichkeit, um mich intensiver darum kümmern zu können. Fündig werde ich bei einem Intermarché (Supermarkt). Hier gibt es zwei kleine Tischchen und einen Automaten für heiße Getränke. Der bestellte Kakao füllt den kleinen Becher nur zu einem Drittel! Ich fülle ihn mit Sahne und Wasser auf und erhitze das Ganze in der danebenstehenden Mikrowelle - so sollte er schmecken. Dazu gibt es Krabbenchips.

Unsere Route führt etwas ins Landesinnere wohin der Nebel ständig dichter wird. Innerhalb der Ortschaften gibt es ein wenig mehr Durchblick, außerhalb kommt mein Zeigefinger, der nun als Scheibenwischer für die Motorradbrille dient, nicht zur Ruhe. Ich habe das Gefühl als ob der Nebel Richtung Küste dünner wird. Vom Mont St. Michel ist nur die Spitze im Nebel versteckt. In den ganzen Wassergräben scheinen viele Fischotter zu wohnen, die leider auf den Straßen ihr Leben lassen müssen. Wir haben bislang fast keine Strecke zurückgelegt, darum schlagen wir jetzt eine Schnellstraße Richtung Küste ein. Wir müssen uns beeilen, es wird ja bald dunkel. Die Schnellstraße ist für Lisls Schuhe gut geeignet, allerdings können wir wegen der Nebelsuppe nicht schnell fahren.

Jetzt wird's höchste Zeit für einen Schlafplatz! Mittlerweile weiß ich ja, wie schnell es dunkel wird.Auf der Karte suche ich den nächstgelegenen Parkplatz an der Küste. Auf dem Weg dorthin gibt es noch ein paar Stichstraßen, die leider alle keine Campingmöglichkeit bieten. Vom Plateau geht es steil abwärts zu einem kleinen Dörfchen - dort findet sich der ausgewiesene Parkplatz. Es gibt extra Stellplätze für Wohnmobile, also darf ich wohl auch hier campieren. Ein kleiner Sandstrand öffnet sich am anderen Ende des Parkplatzes zwischen den Klippen. Dort ist sogar ein Toilettenhäuschen zu finden. Aber das Beste ist: eine kleine Böschung hinauf gibt es Sitzgarnituren und Bäume im passenden Abstand!!! Schnell aufbauen, es ist schon fast dunkel. 

Oh nein!!! Ich Trottel habe die Baumriemen am letzen Platz hängen lassen!!! Wie kann man nur so doof sein! Eines Tages vergesse ich noch meinen Kopf! Und ich habe beim Einpacken der Hängematte noch fest daran gedacht... Meine Rückfalllösung sind 2 Ratschengurte, die ich noch dabei habe. Ich muss ein bisschen tricksen und hoffe, daß sie an den Bäumen halten.

Nun ist es stockdunkel, es gibt fast keinen Empfang, Blog schreiben und Abendessen liegen noch vor mir. Au revoir.