Samstag, 26. Oktober 2024

Giants causeway

Hab ich so gut, tief und warm geschlafen! Um halb neun setze ich mich an den Frühstückstisch - Billys Tochter Lindsay kommt vorbei und isst mit. Ihre Sprache ist ein ganzes Stück leichter zu verstehen, als die ihres Vaters. Sie freut sich über ein paar Reisetips. Meinem Schlafsack hat die Nacht am Ofen sehr gut getan, er ist warm, trocken und flauschig, das kann gerne so bleiben. Billy zeigt mir noch einige seiner Projekte: restauriern und reparieren von dieversen Fahrzeugen. Schöne oder spannende Stücke sind darunter: ein alter Traktor, eine (neue) BMW, ein Trike und seine Herausforderung, eine Ente (2CV). Er ist wirklich gründlich und die bisherigen Ergebnisse sind beeindruckend. Ciao!

Billy meinte mit Blick aus dem Fenster "Die Sonne scheint", was mich veranlasst, die ungeliebte Regenhose ins Gepäck zu verbannen. Ich glaube, solange keine Tropfen vom Himmel fallen, nennt man das hier "Sonnenschein"! Seiner Empfehlung folgend fahren wir wieder einige Kilometer zurück auf die Küstentraße. Bereits auf dem schön gewundenen Weg dorthin gibt es wieder wunderschöne Landschaften zu genießen. Die Touristenstraße verläuft nun direkt an der Küste mit schönen Ortschaften, Häfen und Aussichtspunkten. Von einem Punkt aus kann man im Tal eine Hängebrücke von den Klippen zu einer kleinen Felsinsel sehen, das fesselt mich natürlich. Etwas später ist dann die Einfahrt dorthin ausgeschildert. Ein langer Fußweg führt zur Brücke, für die man jedoch zahlen muss, wenn man sie überqueren will. Nach einer Viertel Stunde steigt der Weg nocheinmal steil an, um dann´in die Tiefe zu führen. Hier kehre ich um, unter der Motorradkleidung bin ich verschwitzt, Laufen ist nicht meine Stärke und hinabzuklettern um dann einen Blick auf die schwankende Brücke zu werfen, die ich sowieso nicht überqueren will, lohnt sich nicht. Dennoch habe ich auf dem Weg hierher herrliche An- und Ausblicke genießen dürfen. Es hat sich also auf jeden Fall gelohnt. 

Giants causeway - den Fußweg der Riesen - habe ich noch nicht gesehen und der war mir wichtig. Die Einfahrt zum kostenpflichtigen Parkplatz ist total versopft, Busse und Autos stauen sich weit zurück auf die Zufahrtsstraßen. Wir schauen uns um und finden neben eine Bushaltestelle eine Weideneinfahrt, bei der das Tor offen steht. Das wird unser Parkplatz! Riesiger Touristenauflauf, Besucherzentrum, Führungen usw. sind nicht ganz mein Ding, aber die Steine will ich trotzdem sehen. Eine kleine Straße führt ca. 2 km weit dorthin, ich bin schon verschwitzt und mag nicht mehr so weit laufen. Da steht doch tatsächlich ein Shuttlebus direkt vor mir! Für 2 Pfund wird man hinaus- und später wieder zurücktransportiert. Das gefällt mir. In einer langezogenen, von senkrechten Klippen umsäumten Bucht finden sich die sagenhaften Stufen der Riesen Es handelt sich um Unmengen an sechseckigen oder mehr oder weniger runden Basaltsäulen, die entweder die Klippen selbst bilden oder etwas niedriger jede Menge Stufen ergeben. Man kann sie wie Treppen benutzen und auf eine Anhöhe klettern. Kaum oben, rollt das Regengebiet an - eine heftige Bö erwischt mich und wirft mich um. Nix passiert. Aber der einsetzende Regen macht die Stufen total glitschig, so daß ich auf allen Vieren vorsichtig absteige. 

Der Bus fährt mir gerade vor der Nase weg. Bis der nächste kommt, gießt es in Strömen, meine Hose und der Kopf sind klatschnass bis ich schließlich die Lisl erreiche. Im strömenden Regen krame ich die Regenhose heraus und versuche im mageren Schutz des Bushäuschens alle Klamottenteile zusammen zu bekommen. Eklig. So kann es einem ergehen, wenn man sehr wohl über das zu erwartende Wetter Bescheid weiß, aber keinen vernünftigen Plan hat.....meine Methode "einfach ignorieren" hat diesmal leider nicht funktioniert.

Jetzt endlich wasserdicht verpackt fahren wir eine Tankstelle an, nicht ohne iun der Ortschaft vorher 3 mal um den gleichen Häuserblock gefahren zu sein, bis wir die richtige Ausfahrt erwischt haben. Kerosin wird hier angeboten! Nein, die Lisl soll nicht fliegen - unser Rentnertempo ist gut genug. Ich selbst bekomme etwas trockene Wärme, einen großen Kakao und ein paar leider nutzlose Recherchen zur weiteren Planung. Na dann - werfen wir uns wieder in den Regen und folgen einfach der Route: der Weg ist das Ziel!

Im Moment sitze ich in einer sesselförmigen Felskuhle unter dem Tarp und schreibe. Die Schlafposition ist noch offen, aber es dämmert schon. Bishops view ist ein Felshügel oben auf den Klippen, von dem aus man einen herrlichen Blick über Land und Meer hat. Morgen werde ich dort unten eine Fähre auf die nächste Halbinsel nehmen. Ganz oben auf dem Hügel und ringsherum bläst ein ständiger und kräftiger Wind, aber wir verstecken uns auf der windabgewandten Seite. Darum prasseln die Regentropfen zwar auf unser Dach, aber es bläst nichts herein - ich denke, so kann man es aushalten. Die Sitzgarnituren sind aus Holz und aufgrund der ständigen Nässe vollgesaugt und veralgt, also nicht wirklich zum Sitzen ohne weiteren Schutz geeignet. Heute war leider nirgends ein Bett zu bekommen, auch in keinem Hostel oder Hotel unter 100t Pfund. Bin gespannt auf die Nacht - ich werde berichten. Für morgen finde ich gerade noch einen Gastgeber. Es regnet wieder so heftig dass das Tarp die Nässe nicht abhalten kann - Mist! Dann ändert der Wind seine Richtung und eine Bö zerstört meinen ganzen schönen Aufbau. Häring Nummer 3 und 4 "ade". In der Nacht alles umbauen? Guter Rat ist teuer....

Nun ist es dunkel, auf einmal höre ich Böllerschüsse und sehe in der Ferne Feuerwerk - ja, die Ortschaften waren heute schon beflaggt. Scheint ein Feiertag zu sein.

Freitag, 25. Oktober 2024

Schlaflos nach Irland

"Never change a winning team!" Ich vermisse mein bewährtes Zelt und bereue die Entscheidung, nur mit der Hängematte losgefahren zu sein. Experiment schief gegangen.

Das mit dem Tarp muss ich definitv noch üben! Ich habe es als Windschutz vor der Sitzgarnitur aufgestellt. Bis ich gestern den Blog geschrieben hatte, sind mir fast die Finger eingefroren während das Segel unentwegt geknattert hat. Ich hatte mir ja leider nicht überlegt, wo ich schlafen wollte und habe mich dann auf den Tisch gelegt. Zu kurz, zu schmal, die Luftmatratze ist nach allen Seiten übergestanden - das war eine schrecklich wackelige Angelegenheit. Ich lasse Luft ab, wird nicht besser. Ich bin so müde, daß ich nichts mehr zustande bekomme, aber ich kann nicht schlafen, denn ich muss ständig aufpassen, nicht abzustürzen. Dann beschließe ich, mich auf den Boden zu legen - aber das Tarp deckt ja nur die Sitzgarnitur ab und ein bisschen darüber hinaus. Dieses bisschen muss eben reichen. Irgendwann weit nach Mitternacht schlafe ich dann wohl doch ein, denn ich wache auf, als ich Regen im Gesicht spüre. Es ist 5 Uhr morgens, der Regen rinnt an der Zeltplane entlang und tropft in mein Gesicht. Die Innenseite des Tarps tropft überall, der Schlafsack ist mittlerweile komplett naß. Ich versuche, mich so klein wie möglich zu machen und unter das Zeltdach zu rutschen, erfolglos. Um 6 Uhr gebe ich auf und packe in der Dunkelheit zusammen. Hell wird es erst gegen halb acht (ich habe nicht auf dem Schirm, daß die Tage ja jetzt kürzer sind), da ist die Lisl dann auch fertig gepackt. Zum Kai sind es nur wenige hundert Meter. Ein Angestellter tritt aus dem Container am Eingang und meint, "Check in für dieses Schiff???" Ja, ich weiß! Es ist 5 vor 8 und diese Fähre legt um 8 Uhr ab. War auch nicht geplant, ich nehme die nächste um 12 Uhr. Aber es gibt einen warmen Aufenthaltsraum mit heißem Automaten-Kakao. Der Beamte warnt mich noch, daß keinerlei Services vor 10 Uhr verfügbar sind - der Service, auf einer Bank im Warmen zu ruhen genügt mir vollkommen.

Ich muss doch eingeschlafen sein, denn ein anderer Angestellter spricht mich mehrere Male an, daß die Lisl nicht dort stehen kann, wo sie steht. Na klar, ich warte ja nur auf den Checkin. Der hat aber schon begonnen. Immer noch müde bringen wir die Beladung hinter uns. Es wird überraschend streng kontrolliert, Autos werden mit Spiegeln am Unterboden untersucht, Menschen werden abgescannt und Kofferräume kontrolliert. Ich soll meine Küchenkiste öffnen, dann ist es gut. Da Motorräder fast immer als erstes verladen werden, bin ich auch als eine der Ersten in der Lounge und kann mir ein Sofa mit Meerblick sichern. Vom Meer sehe ich allerdings nicht viel, denn jetzt kann ich endlich ein wenig schlafen.

Um 14 Uhr landen wir in Nordirland und treten die kurze Fahrt zur nächsten Unterkunft an. Ich fahre also heute nur gute 40 km und nur die letzten 6 km regnet es etwas. Mein heutiger Gastgeber ist Billy, als ich ankomme ist (noch) niemand zu Hause. Er erscheint jedoch keine 5 min später schon, führt mich in mein Zimmer und zeigt mir, wo ich mich ausbreiten kann. Die Lisl darf heute sogar unter Dach stehen, sie hat in der Scheune einen geräumigen  Platz bekommen. Die gesamte Campingausrüstung breite ich ebenfalls dort aus, hoffentlich wird alles trocken - besonders der Schlafsack!

Billy ist zwar schon Rentner, arbeitet aber immer noch ganz gerne als Projektleiter im Straßenbau - heute muss er noch etwas tun. Er erklärt mir Zeit- und Essensplan und wir tauschen uns ein wenig über unsere Reisen aus. In der Küche wird ein Feuer im Holzofen entzündet. Mir ist zwar nicht kalt, aber der Schlafsack kann hier prima trocknen. Und so ein Holzfeuer ist ja immer was Kuscheliges. Der Zeit- und Essensplan ist etwas aus den Fugen geraten, darum wird es Mitternacht, bis ich ins Bett komme. Gute Nacht!


Donnerstag, 24. Oktober 2024

In Trance

In einem noblen Gästezimmer mit eigenem Bad habe ich bei meinem ehemaligen Klassenkameraden übernachtet. Er (typischer Professor) und seine Frau sind noch berufstätig, daher beginnt der Tag heute schon früh, um halb neun rollen die Räder. Manfred bietet mir noch Proviant an, aber ich nehme nur ein bisschen "gute Laune" mit - dankeschön. Es ist schön, ehemalige Weggefährten zu treffen und zu erfahren, wie es ihnen ergangen ist.  Nocheinmal kurz zurück in die Stadt, damit ich sie auch mal bei Tag sehe, und dann geht es nach Süd-Westen. Hier im Osten fällt das Land sanft ab, es gibt also keine Klippen sondern lange Strände mit den dazugehörigen hübschen Strandpromenaden.

Irgendwdie wird es nicht wärmer im Süden. Die gestern noch warmen 15 Grad fühlen sich heute richtig kalt an.Ein heftiger Wind blläst uns entgegen, so stark, daß ich sogar die Motorradbrille aufsetzen muss, während die Lisl völlig unbeeindruckt bleibt. "Belibt in Schottland!" scheint er uns zuzurufen. Vor uns türmen sich die für Schottland so typischen schwarzen Wolken auf, gelegentlich von einem Stückchen blauem Himmel unterbrohen. Wenn die Sonne manchmal den Durchbruch schafft, taucht sie die bunten Herbstfarben wieder in goldenen Glanz! Erst in den Bergen der Grafschaft Dumfries & Galloway wird der Wind etwas gebremst.

Mir fehlt Energie. Ich habe einige Nächte nicht genug geschlafen und bin nun sehr müde. Das Navi kennt den Weg und ist anscheinend gut mit der Lisl vernetzt, denn sie findet ihren Weg alleine. Die Straßenmischung ist heute "schnell und kurvig", läßt sogar Autobahnen zu. Das istein bisschen stressig in der Nähe von Edinburgh, aber meine treue Lisl trägt mich Zuverlässig den langen Weg zum heutigen Ziel, während mein Kopf auf einer ganz anderen Reise ist. Die Gedanken kreisen wie in einer Waschmaschine und purzeln durcheinander. Ich bin sehr gespannt, ob da am Ende auch saubere Gedanken herauskommen. So schön die Natur auch sein mag, ich nehme sie kaum wahr.

Heute bin ich sogar bereit für einen Campingplatz. Alle gechlossen. Direkt am Hafen gibt es einen! Leider ist das nur ein Platz, wo Wohnwagen stehen bzw. vermietet werden. Die Dame an der Rezeption kann mir leider nicht helfen. Allerdings recherchiert sie im Internet und telefoniert zu Campingplätzen und B&B, leider auch immer ohne Erfolg. Dann muss ich halt weitersuchen. Ein öffentlicher Parkplatz mit Sitzgarnituren direkt am Ufer wird unsere Wahl. Es gibt auch ein Toilettenhäuschen. Daes wieder mal keine Möglichkeit gibt, die Koje aufzuhängen, versuche ich mich mit dem Tarp. Damit bin ich total unerfahren, darum muss ich es auch gefühlt fünf mal aufbauen, bis ich halbwegs zufrieden bin. Es flattert und klatscht allerdings im Wind, da dieser immer noch kräftig bläst. Noch ist mir nicht ganz klar, wo oder wie ich später schlafen werde.

In meiner Küche hat sich ein Mitbewohner eingeschlichen - nennen wir ihn "Schimmel". Der hat sich wohl heimlich entwickelt, während ich die Küche nach den vergangenen Regengüssen nicht benützt habe. Der darf gerne hier bleiben.

Ich bin soooo müde....

Mittwoch, 23. Oktober 2024

Schloß Balmoral

Heute haben wir ein strammes Programm vor uns, sind spät aufgestanden und haben es daher eilig. Der Abschied fällt darum nicht ganz so emotional aus. Nur der Himmel verdrückt eine kleine Träne, denn es nieselt ein klein wenig. Der Himmel ist bedeckt, die Straße trocken, die Luft hat warme 15 Grad. Die Highland Tourist Route mit ihren langezogenen Kurven läßt sich zügig unter die Räder nehmen und wir können gut Strecke machen. Laut Wayne haben wir uns eine sehr schöne Strecke (Cairngorms) ausgesucht. Genuß! Wetter und Landschaft passen gut zusammen - wild und rau. Kräftiger, böiger Wind begleitet uns außerhalb der alten Wälder und in Aberdeenshire klettern wir auf über 700 m Höhe hinauf. Hier gibt es sogar Skilifte.

Die königliche Residenz in Schottland liegt auf unserem Weg - Schloß Balmoral. Ob man da wohl einen Blick erhaschen kann? In der Nähe ist an den Straßen eiinerseits das Anhalten verboten (obwohl hier nichts von einem Schloß zu sehen ist), andererseits ist das Schloß auch ausgeschildert. DasGelände ist nicht besonders gesichert, nur ein üblicher Weidezaun und natürlich der Fluss Deen verlaufen zwischen der Straße und dem königlichen Anwesen. Toll versteckt! An einem großen Parkplatz stehen einige Autos und ich folge einfach den Menschen bis zu einem schmiedeeisernen Tor. Daneben steht eine nette Dame, die jedem freundlich erklärt, welchen Weg man vom Tor aus nehmen muss, um nach ca. 5-7min zum Schloß zu kommen. Kein Eintritt! Und frei zugänglich? Ein Novum für mich! Ein beeindruckender Bau ragt vor bedrohlich schwarzem Himmel auf, hineingehen darf man allerdings nicht. Der Garten wird derzeit etwas umgestaltet, ist schön angelegt aber nicht unbedingt prunkvoll. Ein bisschen wie viele hübsche Gärten, nur halt viel größer. Es gibt Gewächshäuser und sogar eine ganze Farm ist angeschrieben. Natürlich gehört auch die königliche Destillerie dazu,


Das goldene Vlies und eine Silberschmiede?

Weiter geht's Richtung Dundee durch ein weites, offenes Tal. Ein Flüßchen mäandert durch die Ebene, während die wie ein graußes Band ausgerollte Straße, präzise jedem Hügel, jeder Senke und jeder Biegung in der Landschaft folgt. Das ist lustig und macht richtig Freude!

Ich habe uns bei einem ehemaligen Klassenkameraden in St.Andrews angekündigt, aber jetzt läuft mal wieder die Zeit davon. Ich habe das schon geahnt und eine Rückfalllösung im Ärmel. Diesen Joker ziehen wir jetzt, begeben uns in den Schnellverkehr und kommen pünktlich an der Uni an. Seit dem Abi haben wir uns nicht mehr gesehen, da gibt es vieles zu erzählen und zu hören....

Dienstag, 22. Oktober 2024

Eine mystische Begegnung

Kurzerhand habe ich beschlossen, den heutigen Tag noch mit Wayne in Inverness zu verbringen und habe damit wohl meinen nächsten Besuch bei einem ehemaligen Klassenkameraden durcheinander gebracht. Aber Wayne ist ein ganz besonderer und faszinierender Mensch! Schon unser erster Kontakt war etwas seltsam, ich wußte nicht richtig, was ich davon halten sollte. Ich bekomme in unseren Gesprächen nur ganz kleine Blitzlichter aus seinem spannenden und abwechslungsreichen Leben zu hören - ich will so viel mehr wissen!

Es ist bereits die zweite annähernd schlaflose Nacht weil meine Gedanken sich um diese Begegnung drehen. Es gibt so viele sonderbare Umstände: Waye wußte gar nicht, dass er auf der Bab-Plattform verzeichnet ist. Sein uriges Boot ist das gleiche Baujahr wie meine Lisl, 1988. Er hat ähnlich viele Länder bereist und ähnliche Erlebnisse gehabt wie ich - es ist wie eine Seelenverwandschaft. Die Gespräche mit einem eigentlich wildfremden Menschen gehen schon sehr tief!

Um nicht den ganzen Tag auf dem Boot zu hocken (natürlich scheint heut die Sonne!), tauschen wir die Bikes. Nein, nicht sein Bike gegen meines, sondern die Motorräder gegen Fahrräder. Wayne fährt ein Mountainbike mit Hundeanhäger für Sir Moss, einen jungen scottisch Bordercollie. Ich bekomme ein Rennrad, das wirklich gar nichts wiegt! Es hat ziemlich sicher einen Carbonrahmen und eine gewähnungsbedürftige Schaltung. Wayne hat es gefunden und die Polizei hat es ihm überlassen, ich denke, es ist sehr wertvoll! Es ist eine sehr ungewohnte Fahrt damit, ich bin vorsichtig. Ich brauche ein paar Dinge, die ich so schnell wie noch nie erhalte: das Getriebeöl steht nur 3 min von uns entfernt für einen Spottpreis zur Verfügung. Meine derzeit zerfleddernden Handschuhe kann Wayne selbst ersetzen, er scheint da eine günstige Quelle zu haben und überläßt mir ein Paar, das nutzlos auf dem Boot herumliegt. Als Gastgeschenk möchte ich noch eine Flasche Wein für meinen nächsten Besuch mitnehmen, auch die bekomme ich auf dem Schiff - dort gibt es einen großen Vorrat!


Die Lisl durfte heute zwischen ganz vielen Segelbooten ausruhen und sich mit Waynes BMW unterhalten. Was die sich wohl erzählt haben? Meine Lisl trägt immer noch viel Gepäck, das ich heute nicht benötige, Waynes Bike ist mit einem sehr großen, super ausgestatteten Hundekäfig (Solarzellen, Ventilatoren) ausgerüstet.

Inverness ist wirklich nicht groß - ja, es gibt Gewerbegebiete und einige Verkehrskreisel, aber eigentlich nur eine einzige Straße / Fußgängerzone. Allerdings einen wunderschönen Weg am Fluss (Ness) entlang, der momentan Hochwasser führt. Wie viele Parks es hier gibt! Schön! Während wir fahren, können wir uns kaum unterhalten, darum finden wir uns bald in einem Cafè bei Kaffe und Kakao. Geschichten! Geschichten aus dem Leben. Philosophie. Gott und die Welt.
Es wird frisch, wir wechseln die Lokalität und radeln zu einem Cafè in der Fußgängerzone, wo wir am frühen Nachmittag ein "schottisches Frühstück" zu uns nehmen. Eigentlich ist es eher ein Mittagessen, so umfangreich. Die Erzählerei geht einfach weiter. Irgendwann kommen wir tatsächlich "nach Hause", d.h. zurück zum Boot. Wayne ruht sich ein wenig aus, während ich die Lisl pflege, sie bekommt ihr Öl.

Und dann geht die Erzählerei weiter - wir kommen an die Abenteuergeschichten. Zu jedem Abenteuer, das einer von uns erlebt hat, gibt es ein Pendant vom Anderen! Wir können gar nicht mehr aufhören - wir erinnern uns an längst vergessene und vergrabene Erlebnisse. Was für ein Abend!!!

Seelenverwandschaft.                         Mystisch.

Montag, 21. Oktober 2024

Nördlicher Wendepunkt

Heut geht's weiter, egal was der Wetterbericht sagt - der hat mich nur EINMAL reingelegt. Es ist nass und ungemütlich draußen, aber derzeit regnet es immerhin nicht. Ich fädele die Lisl aus dem Hinterhof und bepacke sie auf der Straße, dann heißt es um neun Uhr bereits "tschüß".


Die Wettergötter Thor und Freyr streiten heute den ganzen Tag miteinander: kleine blaue Löcher zwischen den Regenwolken lassen die Sonne durchblitzen und verhindern den ganzen Vormittag die Dusche von oben. Allerdings werden wir mehrfach mit großen Tafeln vor heftigem Regen gewarnt. Anscheinend fahren wir diesem jedoch hinterher und bekommen so nur die Auswirkungen in Form von häufig überfluteten Straßen zu spüren. Straßensperrungen wegen abgebrochenem Bankett gibt es auch. Die Morgensonne hinter, die schwarze Wolkenwand vor und die bunte Natur um uns ergeben ein interessantes Lichtspiel.

Der Straßenbelag hier oben ist rau und zerrissen, das läßt die Lisl auch mich spüren. Vielleicht hilft das ja gegen rutschen auf dem nassen Blätterteppich? Wir probieren es auf jeden Fall nicht aus. Mehrfach wurde ich vor Radarfallen und Polizeikontrollen gewarnt - nie haben wir jedoch bisher damit zu tun gehabt. Gerade als mir diese Gedanken durch den Kopf gehen, passieren wir einen Parkplatz, auf dem bestimmt 10 Polizeiwagen stehen. Ich vermute eine LKW-Kontrolle. Kurz darauf stelle ich fest, dass wir den ganzen Morgen ohne Licht gefahren sind - ups!

Die Landschaft wird bergiger, aber es sind eher so von Riesen dahingesetzte Haufen, mit braunem Farn und dunkelgrünen Bäumen geschmückt. Wayne, mein nächster Gastgeber in Inverness, wünscht uns einen genußreichen Trip bei dieser strahlenden Sonne. Welche Sonne? Mittlerweile begrüßen uns die Highlands in der dichten Wolkenwand und wir werden klitschnass geduscht. Meine Klamotten inklusive der Stiefel sind zwar wasserdicht, aber die feuchte Kälte kriecht trotzdem in die Knochen. Alle Sehenswürdigkeiten und Attraktionen lassen wir rechts oder links liegen, es ist ja ohnehin nichts zu sehen. Kurz vor der Verzweiflung läßt sich die Sonne blicken, aber kaum glauben wir, endlich alles überstanden zu haben, kommt der nächste Guß. Und dann bekommt die Lisl Durst - wir haben schon lange keine Tankstelle mehr gesehen. Wie gerufen steht da schon eine am Weg! Es gibt auch einen heißen Kakao und jede Menge nützliches Zeug! So viel verschiedene Ölsorten, nur leider kein Getriebeöl!

Was ist das? Bei North Laggan fordert uns ein rot blinkendes Andreaskreuz vor einer 100 m weiter stehenden Schranke zum Anhalten auf. Ein Zug? Nichts tut sich. Dann bewegt sich etwas, sieht aus, als ob es die Brücke einer Fähre wäre. Es bewegt sich an seinen ursprünglichen Ort zurück und wir dürfen weiterfahren. Die Lösung: es handelt sich um eine Drehbrücke. Sehe ich zum ersten Mal. Loch Ness befahren wir auf der Südseite, einer Nebenstraße. Hier ist kaum Verkehr, die Straße führt uns kurvenreich auf eine schöne Hochebene und später wieder ebenso hinunter. Von da oben ist zwar der riesige See nicht zu sehen, aber bis Inverness folgen wir dem Ufer noch lange genug.

Ich bin sehr gespannt auf meinen heutigen Schlafplatz: ein Boot im Hafen. Der direkte Weg ist wie so oft leider gesperrt, aber wir finden dennoch recht gut zur angegebenen Adresse, einer Agentur für Bootsausflüge. Nein, einen Wayne kennt man hier nicht. Der Hafen ist ja auch voll von allen möglichen Booten. Da kommt er schon, mit seinem hübschen Hund, begrüßt mich und begutachtet die Lisl. Sie darf heute ins Trockendock und ruht gut bewacht zwischen Segelschiffen. Wayne führt mich zu seinem urigen Bootchen - ein Abenteuer. Sehr eng aber überaus zweckmäßig mit vielen Tricks eingerichtet. Es ist lustig und ich fühle mich gleich wohl hier. Jeder von uns möchte mehr erzählen, dann hat Wayne eine Verabredung zum Dominospielen in seiner Kneipe. Reizvoll, aber ich bevorzuge, die Zeit zum Schreiben des Blogs zu nutzen. Bis morgen...

Sonntag, 20. Oktober 2024

Reingelegt!

Ja, heute Nacht hat es wieder ordentlich geregnet und auch der Vormittag ist verregnet. Von Sturm ist allerdings nichts zu sehen. Da jedoch für die ganze nächste Etappe Sturmwarnungen herausgegeben sind, beschließe ich, noch einen Tag hier zu bleiben. Gegen Mittag klart es auf und die Sonne bricht durch. Dann nutze ich die Zeit eben für einen kleinen Check bei der Lisl: etwas Luft und Öl könnte sie brauchen. Motoröl habe ich an Bord und eine elektrische Luftpumpe auch - die hat jetzt allerdings Premiere. Funktioniert ganz gut. Getriebeöl fehlt, vielleicht bekomme ich das an der nahegelegenen Tankstelle? 

Ich mache mich auf die Socken...der Spaziergang wird allerdings länger als geplant. Die Tankstelle ist geschlossen, aber es führt ein hübscher Fußweg am Fluss entlang. Der Name läßt vermuten, daß hier früher eine Eisenbahn verlaufen ist. Ich genieße den vermoosten Urwald und den reißenden Bach. Das Herbstlaub wird vom Wasser mitgerissen und auch tief hinunter gezogen. Scheint so, als ob hier in den Wäldern niemals Hand an die Bäume gelegt wird, allerdings liegen auch  keine Bäume oser Äste über dem Weg. Alle Bäume sind ringsum dick vermoost (das war auch in den anderen Nationalparks der Fall), ist wohl dem sehr feuchten Klima geschuldet. Ich kann gut verstehen, daß die Landschaft hier viele Möglichkeiten für abenteuerliche oder romantische Filme hergibt!



Den ganzen Nachmittag kämpfe ich gegen die Müdigkeit - ich hab keine Ahnung, woher die kommt. Sharons köstliche Pie mit Gemüse lasse ich mir noch schmecken und dann geht's ins Bett. Bin gespannt auf das morgige Wetter...wo war heute das "gefährliche" Unwetter?