Samstag, 14. September 2024

"Sträßle" und ein Verlust

Gestern Nacht gab es noch einige Gewitter mit heftigen Regensüssen, etwas Dauerregen und dann hat es irgendwann aufgehört. Ich habe sehr gut und trocken geschlafen, muss aber heute Morgen das Zelt abtrocknen und den hochgespritzten Sand von den Taschen entfernen. Auf der anderen Flussseite erscheint mit viel Geplapper eine Touristengruppe am gestrigen Angelplatz. Als ich fast mit packen fertig bin,  tauchen auch bei mir 5 fröhlich ratschende Damen auf Wanderung auf. Wir tauschen auf englisch ein paar Worte aus - leider reicht die schmale Rente der reiselustigen Frauen nicht für so eine große Reise wie meine. Sie müssen sich noch etwas dazuverdienen.

Um 9:30 brechen wir auf - tschüß schöner, wilder Platz. Es ist grau und diesig aber trocken. Die ersten 200 m treiben meinen Puls in die Höhe, aber wir haben ja gelernt, wie man ausgewaschene Schotterstraßen hoch fährt: aufstehen, Knie an den Tank, Schwung und den Rest der Lisl überlassen. Toll macht sie das immer noch!
Frühstück gibt es an einer Tankstelle - nicht für die Lisl aber für das Laptop und mich. Hier kann ich auch die gestrigen Bilder hochladen. Der kleine Kakao, den ich mir gönne, ist doppelt so groß wie ein großer in Norwegen und kostet vielleicht ein Drittel. Ich möchte gerne etwas weiter in den Süden, dort warten Berge auf uns, darum passe ich die Route wieder an. Die Navigation will unbedingt eine Ecke nach Norden einbauen, aber auf der Karte gibt es auch einen direkten Weg nach Südwesten. Ach, ich weiß: der direkte Weg ist nicht asphaltiert, darum wird er vermieden. Wir entscheiden uns kurzerhand, wieder ein bisschen "offroad" unter die Räder zu nehmen. Es ist eine breite Straße mit Sand und Schotter, aber es scheint eine Rennstrecke zu sein: Waschbrett vom Feinsten. Arme Lisl! Wir rumpeln dahin und genießen es eigentlich sogar. Es geht Richtung Polen. Ich bin gespannt, wie so eine Grenze am Schotterweg aussieht?

Ein Schild, Verschmälerung und Verschlechterung des Wegs und wir sind in Polen! Schon nach wenigen hundert Metern gelangen wir auf ein gutes kleines Asphaltsträßchen, ein Indikator für unsere heutige Straßenqualität. Auch die Straßen, die laut Karte in Litauen unbefestigt waren, sind hier ahspahltiert. Meistens sogar ganz neu oder in sehr gutem Zusatand. Lediglich einmal fällt auf, dass wir den Bezirk wechseln, denn an der Grenze beginnt schlagartig in miserables Straßenstück. Unsere heutige Strecke verdient schon ein bisschen das Prädikat "kurvig", auch wenn wir weite Strecken über ausgedehntes Flachland fahren. Fahrspaß! Viel Landwirtschaft, hübsche oder überschaubare Dörfchen, kleine oder große Waldstücke, so sieht heute unser Alltag aus.

Ui ui ui - meine seit über 30 Jahren treue und geliebte Trinkflasche ist weg - wo ich doch sowieso zu wenig trinke! Das ist sehr traurig, zumal ich sie in Norwegen schon an einigen Stellen abgedichtet und unterwegs nochmal nachgebessert habe. Die Flaschenhalterung wollte leider ebenfalls schon seit ein paar Tagen nicht mehr mitspielen, weshalb die Flasche auf dem Ersatzteilkoffer eine neue Heimat gefunden hatte. Unterwegs hatte ich heut schon einmal festgestellt, daß sie einen Fluchtversuch unternimmt. Ich vermute, das Wellblech hat sie endgültig verscheucht. "Wo auch immer Du von uns gegangen bist, liebe Flasche, ruhe in Frieden"!

Was es sonst noch zu sehen gibt? Auf den Telegrafenmasten findet sich ab und zu ein Storchennest, die Vögel scheinen aber schon abgereist zu sein. Eine 600 Jahre alte Holzkirche und ein Stadtfest in Tykocin (klingt wie ein Medikament). Es sind einige Buden mit lokalen Köstlichkeiten und Eis aufgebaut. In einem kleinen Supermarkt möchte ich eigentlich nur eine Ersatzflasche kaufen, kann ja gerne etwas drin sein. Eine Milchflasche scheint mir geeignet. Zusammen mit einer kleinen Flasche Wasser, einer Pizzasemmel und einer Nußschnecke zahle ich nur 3,06 €! In Norwegen hätte ich das alleine für die Milch bezahlt, die dann auch noch bitter schmeckt und schnellstens verdorben ist. Diese hier schmeckt herrlich nach Milch!
Vor uns braut sich was zusammen, der Wetterbericht verleugnet Regen, meine Regenmacher-Erfahrung verheißt Anderes. Kompromiß - wir haben Beide recht: die Straße ist naß, aber jetzt regnet es nicht mehr.

Ich habe mal die Gesamt-Reststrecke bis Aschbuch überschlagen und festgestellt, daß wir deutlich zu langsam sind oder zu viele Umwege machen. Daher ist heute das Etappenziel 250 km oder 17 Uhr. Dann ist allerdings nicht mehr viel Zeit für die Schlafplatzsuche. Also bereits vorher konditionieren und nach Gelegenheiten Ausschau halten. Es gibt hier so viele schöne hohe Kiefernwälder, da müßte doch was zu finden sein? Das Problem ist, daß es keine Feld- oder Waldwege oder Einfahrten gibt,wo die Lisl sich platzieren könnte. Also prüfen wir Nebensträßchen von Nebensträßchen und zu guter Letzt biegen wir in eine Sackgasse zu wenigen Häusern ab. Gegenüber einem verlassenen Anwesen zweigt ein Sandweg ab von wo aus wir direkt in einen Kiefernwald schlüpfen können. Ja, so habe ich mir das vorgestellt. Einziger Nachteil ist, kein Waschwasser - aber man kann ja nicht alles haben.

Nachdem ich nun schon etwas Erfahrung mit der Hängematte habe, stoppe ich heute mal die Aufbauzeit: 20 min (inkl. Tarp-Abspannung) sind auf jeden Fall noch zu viel. Bin mal gespannt, wie weit sich das im Lauf der Wochen noch optimieren läßt. Das Tarp hätte ich mir vermutlich sparen können - der Wetterbericht meldet keinen Regen - aber sicher ist sicher...

Freitag, 13. September 2024

Abwechslungsreich im Schneckentempo

Eigentlich wollte ich heute Morgen noch ein Foto von meiner über den Tisch gespannten Hängematte machen - vergessen - das Alter. Es hat in der Nacht gegossen wie aus Kübeln. Gepaart mit etwas Wind und dem stellenweise undichten Dach, waren meine zum Trocknen ausgeleten Klamotte nichtmal im Pavillon sicher. Zum Glück hatte ich beschlossen, die Hängematte aufzuhängen und nicht auf der Luftmatratze auf dem Boden zu schlafen, da wäre ich ordentlich nass geworden.

Es ist niemand zum kassieren da, also brechen wir ungeschoren auf. Es ist zu warm umd mit Regenzeug zu fahren, aber zu naß, um ohne zu fahren. Also bleibt es an. Nordwestlich von uns drohen dunkle Wolken, südlich schimmert die Sonne durch die Wolkendecke. Das Navi funktioniert heute zuverlässig und leitet uns auf einer breiten Straße südwestwärts. Die Luft ist grau und schwer von Sand und Staub, der die Augen verklebt. Baustelle mit Ampelregelung. Eine lange Schlange, meist LKW, zockelt von Ampel zu Ampel. Gefühlt alle 500 m stoppt uns eine rote Ampel,die Wartezeit wird angezeigt: 9 min, 7 min, unbekannt (waren sicher über 10 min), 3 min usw. Wenn der Zähler die 1 heruntergezählt hat, springt er auf 90 Sekunden über - sonderbar. Etwa 30 km geht das so, die Ampeln sind nicht koordiniert und manchmal kommt sogar bei grün ein Baustellen-LKW auf der einzig freigegebenen Spur entgegen. Dann ist guter Rat teuer. "Grün" ist übrigens auch für den Regen das Signal, immer beim losfahren beginnt auch er. Bestimmt wird das mal eine tolle "Autobahn", aber heute ist es nur eine staubige, lehmige Trasse. Nach 3 Stunden (inklusive Mittagspause) haben wir noch nicht einmal 90 km geschafft! Dann werden wir endgültig der Baustelle verwiesen und auf eine Ausweichstrecke geschickt. Hätte ich vorher gewußt, was uns erwartet, hätten wir schon viel früher eine andere Strecke nehmen können. Tja, "wenn"....

An einer Tankstelle kann ich nach einigen Verhandlungen mein Laptop etwas nachladen, das Kabel für die 12-Steckdose ist ja leider hinüber. Nun wird es abwechslungsreicher, sowohl was den Farbahnbelag und die Straßenführung als auch die Landschaft angeht. Gelegentliche sanfte Hügel sorgen für ein paar Kürvchen. Aber es gibt nichts Besonderes oder Spannendes. Außer voll behangenen Apfelbäumen. Ich werde zum Apfeldieb von so kleinen Äpfeln, dass sie bestimmt mit einem Haps gegessen sind.

Der Tacho zeigt nun etwas über 200 km und ich trainiere "Schlafplatz suchen". Entlang der Straßen ist kaum etwas zu finden, aber in der Nähe soll ein Nationalpark sein. Allerdings auf der anderen Seite des Flusses. Es führt aber eine Stichstraße nach Punia und danach anscheinend noch kleinere Wege ein Stück weiter. Probieren wir. 13% Gefälle, steinig und tief ausgewaschene Spuren? Das kann nicht der richtige Weg sein. Wir nehmen den ebeneren Lehmweg und enden schließlich an einem kleinen Hof. Ein junger Mann wartet gar nicht, bis ich gesendet habe, sondern kommt gleich auf mich zu. Englisch ist ok. Doch, sagt er, der abshüssige Weg führt hinunter zu einem kleinen Bootsplatz, da verweile gelegentlich mal Camper. Ist schön dort und mit der Lisl machbar. Na schauen wir mal - wir haben solche Wege ja schon gefahren, aber da waren wir noch jünger. Langsam und vorsichtig tasten wir uns hinunter, kommen an steilen Wanderwegen mit Treppen in eine Schlucht vorbei und landen tatsächlich am Flußufer. Nach etwas umgucken finden sich auch 2 passende Bäume.

Die Koje hängt. Ich möchte mal nach dem Wetterbericht schauen, was der Regen macht und setze mich dazu in die Hängematte. Peng -sitze ich auf dem Boden! Ein Gurt ist gerissen. Meine Koje selbst ist heil geblieben, nur einer meiner eigenen Gurte war wohl schon zu altersschwach. Er wird durch einen Originalgurt ersetzt. Das Wetter spricht von Regen und Gewitter, also spanne ich diesmal das Überzelt ab. Ich geh noch zum Fluss, (Wasch)wasser holen, da knallt schon ein Donner so laut, daß ich mich ordentlich erschrecke. Packtaschen zu, Stiefel eingepackt, Tankrucksack unters Vordach und schon fängt es an zu regnen. Soweit alles nach Plan, aber dann mag ein Häring nicht im Boden bleiben und es schüttet gerade in Sturzbächen. Hilft nix - ich muss raus und verwende den Wassereimer als Ankerpunkt. Nicht perfekt, aber den schlimmsten Guß hält er ab. So richtig behaglich ist mir nicht....

Am gegenüberliegenden Ufer der Memel steht schon die ganze Zeit ein Angler, der scheint absolut wasserfest zu sein. Er rührt sich nicht vom Fleck! Nach einiger Zeit läßt der Guss nach und geht in sanften Dauerregen über - äh, nur kurz, bis der nächste heftige Schauer niederprasselt und es blitzt und donnert.

Donnerstag, 12. September 2024

Wetterbedingte Routenanpassung

Ich habe geschlafen wie ein Stein, bis nach halb 10 Uhr! Una mit der Kleinen ist noch im Haus, die Anderen sind schon alle unterwegs. Sie bereitet mir ein gutes Frühstück und wir unterhalten uns noch angeregt. Ich erzähle unter Anderem, wir ich, die weltbeste Rgenmacherin, gerade jedes Regengebiet umgehe, sozusagen antizyklisch zum Regen unterwegs bin. Gepackt ist diesmal schnell, dann breche ich auf. Es ist 10 Uhr - wie kann das sein? Wir hatten doch keine Zeitumstellung? Ah...wir haben die Zeitzone gewechselt. Meine Gedanken brauchen heuge etwas länger, um mit auf die Reise zu gehen. Sie verweilen noch eine Zeitlang bei meinen Gastgebern und natürlich in der Vergangenheit, die wir ausgekramt haben.

Gut gefüttert, frisch geduscht und ausgeschlafen folgen wir Alwins Empfehlung, Riga nördlich vom See zu umfahren. Es gibt viel Verkehr, insbesondere Schwerlast. Dafür ist der Schilderwald nicht mehr so dicht. Eine Zeitlang geht alles gut, wir fahren am nördlichen Ufer der Dina Richtung Osten. Irgendwann kommt mir aber mein Navigationsgerät jedoch seltsam vor: es weist oft in die entgegengesetzte Richtung, heißt uns abzubiegen, wo gar keine Wege sind, will uns 20 m im Kreis über Feldwege locken usw. Ich denke mal, es liegt an den zugrundeliegenden Karten. Außerdem ist es schwierig abzuschätzen, welche Auffahrt auf eine Autobahn man nehemen muss, um in der richtigen Richtung herauszukommen. Die Ortsnamen sind mir so fremd und unlesbar, dass ich sie auch schnell wieder vergesse. Mittlerweile haben wir die Dina überquert und fahren das Südufer entlang. Oft scheint sie gar kein Fluß sonder ein riesiger See zu sein. Weite Buchten, sandige Strände und vor allem breite Schilfgürtel säumen ihre Ufer. Beste Bedingungen zur Mückenzucht, das sehen wir an der Brille und Lisls Scheinwerfer.

Gegen 13 Uhr möchte ich mal absteigen. Ein kleiner Laden lädt zum Einkaufen ein, auch wenn ich gar nichts brauche. Apfelsaft, 1 Pfirsich und ein großer Keks sind immer was Feines. Dahinter ist ein riesiger Platz, eine Schule und Bänke. Die Pause nutze ich, um meine Lebensmittel zu checken - einige sind bereits verdorben und ich muss sie entsorgen. War eben in Norwegen noch zu viel im Kühlschrank. Zum Ende unserer Pause fängt es an zu tröpfeln, darum schließe ich vorsichtshalber alle Luken. Passt - es wird grau und nieselt sich ein, auf der holprigen Straße bilden sich Pfützen. Das Karma schlägt zurück. Auf dem Navi schlägt mir jetzt ständig Google seine Hilfe vor - meine größte Hilfe wäre es, wenn Google einfach die Klappe halten würde! Scheint so, als ob das Regenwasser selbständig mein Handy bedienen würde. Die Großwetterlage sagt, dass das Regengebiet von Südosten herzieht, also lassen wir die Ecke nach Osten aus und drehen mehr nach Süden ab. Die Taktik scheint aufzugehen, nach einiger Zeit wird es heller und etwas weniger nass. Dafür landen wir nun auf einem Lehmweg - na das wird eine Sauerei geben! 30 km insgesamt darf die Lisl im Matsch spielen, dann nähern wir uns Litauen und landen wieder auf Asphalt. Leider war die Trockenzeit nur von kurzer Dauer. Es ist ca. 15 Uhr, wir haben schon weit über 200 km auf dem Tacho, also können wir so langsam das heutige Ende einleiten.

Ich weiß nicht warum, ich fahre nie auf Campingplätze, aber hier folge ich einem Schild dorthin. Vielleicht weil ich hoffe, in der Nähe passende Bäume zu finden? Es kommt viel besser! Ein steiles Sträßchen führt die wenigen Meter hinunter zum See. Ein Fußballplatz, ein Volleyballplatz, ebene Stellplätze und hölzerne Pavillons mit Sitzgarnituren tauchen auf. Alles leer. Scheint geschlossen zu sein. Das Rezeptionshäuschen ist abgesperrt und die Steckdosen und Lampen stromlos. Der Badesee ist natürlich offen! Ebenso eine Feuerstelle vor ein paar schönen Bäumen. Spontan entscheiden wir uns für einen Pavillon, aber leider muss auch hier die Lisl draußen bleiben. Na ja, vielleicht spült ihr der Regen wieder den Lehm von den Zylindern? Auf einem Schild sind die Preise zu lesen: Pavillon, Zelt, Auto je 5€, Person 3€. Hängematten und Motorräder stehen nicht auf der Preisliste, ha ha ha.

Mir fällt auf, dass die Häuser aus sehr unterschiedlichen Materialien gebaut werden. Von einfachen "Bretterbuden" über feste Sandsteinmauern und verputzte Ziegelgebäude bis hin zu häßlichen Betonklötzen oder Wellblechwänden ist fast alles vorhanden.

Tierisch: Heute Morgen, noch ganz in der Nähe von Riga sind uns 3 Rehe über den Weg gesprungen, dann hat am Mittag ein Storch am Wegrand sein Gefieder geputzt, ein paar Hunde haben uns beobachtet oder wollten um die Wette laufen und hier gibt es Enten, Frösche, Muscheln, Seerosen und natürlich Schnaken. Villeicht muss ich die Hängematte doch aufhängen? Nur wegen dem Moskitonetz. Es regnet sich wieder ein und für die Nacht wird "heftiger Regen" angesagt.

Mittlerweile sind auch ein paar kleinere Reparaturen nötig, die aber mit Klebeband oder Sekundenkleber erledigbar sind. Sekundenkleber! Super! Der klebt vor Allem den Deckel auf die Tube! Hm - und jetzt? Vielleicht kann man die Tube von hinten öffnen? Aber auch dort ist der Kleber eingetrocknet. Bei meinen Öffnungsversuchen entseht ein kleines Loch, zu dem jetzt unkontrolliert Kleber ausläuft. Sicher, einiges davon landet an der richtigen Stelle, einiges aber auch an den Händen und leider auch auf der guten Hose.


Mittwoch, 11. September 2024

In Erinnerungen schwelgen

Es ist schon sehr spät und ich sehr müde - mal sehen, was ich vom Tag noch alles zusammen bekomme.

Die Nacht auf der Fähre ist schlaflos. Ich hatte zwar einen reservierten Liegesessel, aber in der Lounge hat einer vermutlich zu viel getrunken - es stinkt ziemlich und der Typ ist auch ziemlich laut. Es gibt ab noch eine zweite Lounge, die fast leer ist. Also ziehe ich erstmal um, mache mich dann auf dem Boden lang weil ich im Sessel Rücken- und Beinschmerzen bekomme. Hilft nichts - ich kann zwar "ruhen" und die Augen schließen, aber Schlaf stellt sich nicht ein. Um 6 Uhr gehe ich dann verzweifelt frühstücken. Kurz vor 8 rollen wir durch einen gepflegten Ort mit schönen Grünanlagen und älteren, verzierten Steinhäusern. Ein komplett anderes Flair als in Skandinavien!

Die aufgehende Sonne und ihr Widerschein von der nassen Straße blenden so sehr, dass ich keine Straßenschilder erkennen kann. Auf gut Glück finden wir aus Ventspils hinaus und landen anscheinend auf der richtigen Straße. Obwohl sie sich "Autobahn" nennt, ist die neue, breite Straße nur zweispurig, führt durch Ortschaften und beseitzt auch manch nette Kurve - also vergleichbar mit einer deutschen Bundesstraße. Sehr überraschend sind Zebrastreifen, die an versteckten Bushaltestellen auf die Fahrbahn gemalt sind. Die meiste Zeit herrscht wenig Verkehr, so dass wir entspannt rollen können. Verfallende Gebäude wechseln sich mit gut gepflegten Anwesen in geräumigem Abstand ab. Wälder, Wiesen, Felder, Seen, Flüsse - eine abwechlungsreiche Landschaft. Ich habe weiterhin die Regenjacke an - gegen den Fahrtwind. Die Überhose spare ich mir, sie macht mich so steif und meine Beine sind durch die Tanktaschen und die Zylinder gut gegen die Straßennässe geschützt.  

Die Lisl hat Durst, sagt sie und dreht mir den Gashahn zu. Bis Riga wird's eng, aber Tankstellen gibt es genug! Auch ich gönne mir etwas - die Cola soll meine Müdigkeit bekämpfen und die Aufmerksamkeit steigern. Zurückgeben kann ich die Pfandflasche nur am Automaten hinterm Haus, der mir einen Coupon ausdruckt. Mit dem bekomme ich aber an der Kasse kein Geld, sondern könnte mir etwas mit 10 ct Rabatt kaufen. Absurd! Die Kassiererin hat keine Lust auf Diskussionen, daher holt sie missmutig aus der Kaffeekasse den Zehner und ich dampfe damit ab.

Gegen 11 Uhr sind wir dann in Riga im Zentrum. Kulturschock! Dichter Verkehr mit Staus, tonnenweise Verkehrsschilder, die man gar nicht alle aufnehmen kann, mehrspurige Straßen, Einbahn- und Sackgassen. Irgendwie landen wir doch in der Nähe eines Zentrums und die Lisl wird in einer (dunklen) Seitenstraße versteckt. Auf einen gebührenpflichtigen Parkplatz fahren wir nicht! Es ist warm geworden, aber ich muss den Tankrucksack schultern und die doppelte Jacke darüber hängen - ganz schön schwer, dieses Paket. Die Füße und Knie schmerzen, ich laufe nicht gerne. Aber ein bisschen Kultur muss schon sein. Über grobes und unebenes Plaster grase ich durch enge Gassen eine Sehenswürdigkeit nach der andern ab. Eigentlich geht es nur um den Gesamteindruck der historischen Gebäude und Kirchen. Vor dem Palast auf der Dina ankert ein Kreuzfahrtschiff, so eine Dreitausend-Seelenverkäufer mit all inclusive. Halt durch, die Karte zeigt noch ein paar Attraktionen. Ich kann nicht mehr - auf einer Bank, die ein Kräuterbeet umrandet schlafe ich in der Sonne neben duftendem Salbei ein. Nicht genug, aber es gibt wieder ein wenig Kraft. 2 altmodische Postkarten sind schnell gefunden, die schweißtreibende Suche nach Briefmarken jedoch kostet mich noch Nerven. Aber auch das ist irgendwann geschafft, jetzt muss ich nur noch die Lisl wiederfinden. Klappt FAST auf Anhieb.

Aus Riga geht's dann noch knapp 20 nach Norden bis zu Alwin und Via. Hier wohnen 3 Generationen unter einem Dach. Mit Alwin bin ich zur Grundschule gegangen, dann haben wir uns nicht mehr gesehen bis 2010 und seither auch nicht mehr. Dementsprechend gibt es viel zu erzählen und zu hören. Vor lauter Reden kommen wir erst gar nicht vom Hof los und als wir schließlich in der Küche sitzen, bleibe wir dort bis tief in die Nacht. Fürstlich werde ich bewirtet! Und auch nach der dritten Verabscheidung mit "Gute Nacht" kommt wieder ein "weißt Du noch?"... Jetzt aber wirklich gute Nacht!

Aber erst noch duschen (ist nötig) und bloggen.

Dienstag, 10. September 2024

Mit dem falschen Fuß aufgestanden?

In meinem jugendlichen Leichtsinn und meiner Unerfahrenheit habe ich völlig außer Acht gelassen, dass es in der Nacht vielleicht auch regnen könnte. Als es kurz vor dem Einschlafen anfängt zu nieseln, sind die Rolläden, ohne auszusteigen, allerdings schnell herunter gelassen. Das Überzelt hängt nun einfach rechts und links neben dem Moskitonetz herunter. Gute Nacht. Als ich um 3 Uhr morgens aufwache, kann ich jedoch die Bescherung sehen: es regnet mittlerweile heftig, Isomatte und Schlafsack sind schon naß. Die Stiefel? Die habe ich zwischen 2 Packsäcken verstaut und dachte, da sind sie geschützt. Sie haben allerdings das eindringende Wasser wie Trichter aufgefangen... Ich muss etwas unternehmen. Im Nachthemd bei strömendem Regen wird zumindest eine Seite des Überzelts mit Hilfe von Gummistrapsern und den beiden Packsäcken etwas nach außen-unten abgespannt. Zum Glück geht kaum Wind. Die Stiefel kommen mit unter das kleine Vordach und werden jetzt mit dem geleerten Falteimer abgeckt. Mehr kann ich nicht tun. Doch - das klatschnasse Nachthemd innen aufhängen und mich wieder in den Schlafsack kuscheln. Mir graut ein bisschen vor der morgigen Etappe und ich beschließe auf jeden Fall, die kürzteste (nicht die kurvigste) Strecke zu nehmen.

Am Morgen sieht es nicht viel besser aus - es regnet weiterhin und auf dem Platz haben sich riesige Pfützen gebildet. Na ja, zumindest von unten ist das Hängezelt ja gegen Nässe geschützt. In der schaukelnden Hängematte klamme Motorradklamotten anziehen ist absolut nicht einfach. Nichts rutscht: der A...nicht in die Hose, die Füße nicht in die Stiefel und die Hände nicht in die Handschuhe. Und auf dem Zelt kleben die Birkenblätter. Ich muss wohl alles klatschnass einpacken (auch die Haare) - nicht gut. Morgentoilette und Frühstück fallen aus. Zum Glück muss ich nicht den ganzen Erdweg zurückfahren - direkt hier am Bahnhof führt ein ganz schamler Asphaltweg unter der Bahnlinie durch zur Hauptstraße. Ob das vielleicht nur eine Fußgänger-Unterführung ist? Egal, die Lisl passt durch!

Bereits um halb Neun sarten wir den heutigen letzten Abschnitt in Schweden. Inzwischen habe ich bei der Navigationsapp auch die gut versteckte Einstellmöglichkeit für "schnell oder kurvig" gefunden und gelernt, wie ich eine Route planen kann. Leider muss ich dazu die vorgeplante Route komplett löschen, aber man kann sie speichern und später wieder hochladen. Bettwärme und die Bewegung beim Packen halten mich lieder nicht sehr lange warm, die Kälte kriecht mir langsam den Rücken hinunter. Durchhalten. Der heftige Regen hat nachgelassen, manchmal nieselt es und manchmal ist einfach nur die Straße nass. Grau in grau, da wird nur gefahren und nicht geguckt. Landwirschaft breitet sich aus, man sieht und riecht es. Zum Aufwärmen suche ich schon eine ganze Zeit lang eine Tankstelle mit shop. Letztendlich kehre ich gegen Mittag in einem Schnellrestaurant ein, gönne mir warmen Kakao und Pommes. Aufwärmen und etwas ausruhen - wir haben schließlich schon 200 km geschafft! Nur, wie und wo ich meine Klamotten trocken bekomme, ist mir noch schleierhaft. Schließlich wird heute Nacht nichts ausgepackt denn da bin ich auf der Fähre.
Die Lisl nimmt das alles mit stoischer Ruhe - mit gleichmäßiges Brummen rollt sie dahin. Selbst als ein LKW etwas knapp vor uns einbiegt und sogleich ein großes Metallteil vom Führerhaus verliert, bremst sie trotz Nässe zuverlässig und umrundet das Teil. Brave Lisl! Ich bin sehr zufrieden mit ihr.

Am Nachmittag wird es trocken, ein Wind kommt auf und die Sonne traut sich auch wieder hervor. Im Speckgürtel um Stockholm müssen wir durch Södertälje. Im Berufsverkehr. Nicht meine Lieblingssituation, aber es könnte schlimmer sein. Wir sind halt verwöhnt von der großen Freiheit im hohen Norden. In der Plattenbausiedlung eines Vororts, lacht mich eine kleine Wiese mit Sitzgarnitur und großen Steinen an - perfket zum trocknen. Zelt, Schlafsack, Klamotten, Packsäcke, alles wird verteilt. Ich komme kaum hinterher mit allem festhalten, so bläst der Wind. Darum ist auch in Windeseile alles trocken. Super! 
Jetzt sind es nur noch knapp 80 km, das Schiff legt um 21:30 Uhr ab, wir haben also massenhaft Zeit. Ich träume davon, in Nynäshamn an einem schönen Platz mit WiFi zu sitzen und schon mal den Blog vorzubereiten. Was daraus wird? Gästeinternet beim Coop und ein streikendes Laptop...schon wieder kein Saft! Oh je, der Miniaturstecker am Ladekabel ist stark verbogen, zerdrückt und eingerissen. Ersatz ist extrem schwer zu bekommen. Ganz in der Nähe ist ein Elektronikladen...einen Versuch ist es ja wert. Sie haben ein Ladegerät mit sogar dem passenden Adapter, aber nur für die Steckdose. Nicht für 12 V. Ich kauf es trotzdem, notfalls muss ich halt an Tankstellen laden gehen.
Vorsichtshalber möchte ich uns jetzt zum Hafen verpflanzen, obwohl wir noch 3 Stunden Zeit haben. Keine schlechte Entscheidung, denn am Hafen angekommen, stelle ich fest, daß wir hier an der falschen Adresse sind. Wo die Stenaline abfährt weiß keiner. Nur Tante Google hat einen Tipp. Noch ca. 5 km dann sind wir am richtigen Kai. Es gibt auch einen Warteraum mit Steckdose, aber schon bald wird der Checkin geöffnet. Danach heißt es vor der Fähre warten, bis wir verladen werden. An den Fähren von Norwegen nach Europa sammeln sich immer Horden von Motorradfahrern, hier ist die Lisl das einzige Zweirad!
So jetzt sind wir an Bord und unterwegs. Ich hoffe, dass ich hier noch Internet habe, um den Blog hochzuladen, sonst gibt es ihn eben erst morgen. Gute Nacht!







Montag, 9. September 2024

Kurviger

Ich habe gestern Nachmittag nach einem kurzen Blick auf das kleine Display des Handies die Überfahrt nach Lettland für Dienstag abend gebucht. Am Abend checke ich die Strecke nochmal und stelle fest, dass ich mich um einen Tag verschätzt habe. Nun gibt es drei Möglichkeiten:
  1) Innerhalb von 24 h stornieren - ja, geht, aber ohne Erstattung der 85 €. Ha ha!
  2) Umbuchen - geht auch. Das Ticket ist dann billiger aber es erscheinen sonderbare Gebühren, die sich insgesamt auf 120 € belaufen. Noch mehr ha ha ha!
  3) Fahren! Und fahren! Ja, dafür entscheide ich mich. Sollte es nicht klappen, muss ich einfach nochmal ein neues Ticket kaufen und das erste als Lehrgeld verfallen lassen.
In Riga habe ich mich  schon verabredet mit einem Klassenkameraden aus der Grundschule. Wir haben uns seither EINmal gesehen, vor 14 Jahren! Vom Fährhafen aus dürfte es nicht weit sein - dachte ich. Das Navi spricht jedoch von 190 km. Na ja, in Anbetracht der Gesamtstrecke ist das doch wirklich ein Katzensprung.

Chris serviert mir eine Tasse Tee. Das Einpacken geht heute schnell, da ich ja für die Nacht im Gästehaus nicht viel auspacken musste. Und auch Frühstück muss ich nicht zubereiten. Die Lisl hat brav und genügsam wieder im Freien vor der Hütte Wache gehalten. Danke, liebe Leute, vielleicht hören oder sehen wir uns ja mal wieder.  Dankbar, ausgeschlafen und schon um 9 Uhr früh sind wir wieder on tour. Ca. 360 km liegen heute vor uns, das wird ein langer Tag. Das Wetter ist diesig aber sonnig, die Fahrbahn streckenweise nass und bei 17 Grad heißt der dresscode heute "leichter Pullover und Regenjacke". Manche prägnante Stelle kommt mir bekannt vor, aber ich kann mich nicht erinnern, auf welcher meiner Reisen ich schon mal hier gewesen bin. 

Die Landschaft ändert sich, es wird hügelig, zwischen den Waldstücken erstrecken sich nun weitläufige Wiesen und weit verstreute Gehöfte. Auch in den Ortschaften liegen die Häuser weit auseinander, nicht zu vergleichen mit der deutschen Käfighaltung. Nach und nach nimmt wird auch die Landwirtschaft intensiver, Getreide- und Maisfelder sowie Rinderweiden tauchen auf. Mein Blick schweift umher, muss sich aber nach einiger Zeit auf die Straße fokussieren, denn nun haben wir wirklich "kurvige" Strecken gefunden. Einige Kurven sind überraschend lang oder eng und zwingen uns zum nachjustieren. Die Lisl und ich müssen nun gut zusammenarbeiten. Sie darf bei dem auf und ab, rechts und links ihren Hüftschwung ausgiebig präsentieren und sie hat ihren Spaß dabei.
Um die Mittagszeit meldet sich bei mir Hunger - die Lisl will erst heute abend oder morgen gefüttert werden. An einem sonnigen Seeufer gibt es ein Päuschen mit kleiner Mittagsruhe, umd frisch geruht in die zweite Hälfte der Etappe einzusteigen. Mittlerweile folgen wir nicht mehr der empfohlenen Route sondern suchen uns Stück für Stück eher Nebenstraßen aus. Die größeren Straßen sind inzwischen stärker befahren und machen keinen Spaß. Manchmal müssen wir hinter einem "Kinderauto" herzockeln. Hier darf man anscheinend mit 15 oder 16 schon "echte" Autos fahren, die allerdings auf 40 km/h gedrosselt sind. Gekennzeichnet sind sie mit einem großen Warndreieck am Heck und einseitiger Beleuchtung. Lustigerweise sind das häufig extra große Fahrzeuge wie z.B. Pickups, alte Mercedes oder fette BMWs. Echte Verkehrshindernisse!

Der norweegische Sekundenkleber hat meine Trinkflasche zwar heute dicht gehalten, aber die Haltrung war wohl eine zu große Herausforderung.

Unser gesetztes Zeit-und Kilometerziel ist erreicht, höchste Zeit, einen Schlafplatz zu suchen. Zum Glück können wir bald von der Hauptstraße auf eine gute und weniger belebte Nebenstraße abbiegen. Hier ist auch ein See verzeichnet, nur ist leider - wie so oft - ein dichter Waldstreifen zwischen uns und dem Wasser. Da ist etwas angeschrieben an einem guten Erdweg, möglicherweise ein Kunsthandwerker. Auf jeden Fall führt uns der Weg an einem Bauhof vorbei Richtung See. Nochmal abbiegen und dann ist nach Kurzem Ende bei ein paar Häusern. Die Dame, die gerade im Garten ist, kommt gleich zur Gartentür gelaufen, da warten wir natürlich. Im kurzen Gespräch erfährt sie, dass ich aus Deutshland bin und ein bisschen norwegisch spreche, was sie für schwedisch gehalten hat. Dafür weist sie uns den Weg zum Bade-und Bootsplatz nur wenige 100 m weiter.

Es ist ein schöner Platz, eben, mit Sitzgarnituren, Bootsstegen und Hängemattengeeigneten Bäumen. Hinter mir stehen noch ein paar Gewerbegebäude und ca. jede halbe Stunde ertönt ein Schlulhofklingelton und eine Stimme verkündet irgendwas. Dann rauscht ein Zug durch. Die Wellen plätschern, die Boote klopfen rythmisch gegeneinander und die Stege klatschen bei Wind und Wellen auf's Wasser. Akkustisch wird die Nacht sicher interessant.
Zum Schreiben möchte ich die Sitzbank auf einem 10 m langen Steg benutzen. Kaum ist das Laptop aufgeklappt, schon wird mir leicht mulmig vom tanzen des Stegs. Selbst das Laptop versagt den Dienst! Warum? Es wurde doch die ganze Nacht geladen? Scheint trotzdem leer zu sein und die Lisl muss Starthilfe geben. Na gut, dann kuscheln wir halt alle zusammen umd die Sitzbank am Ufer.

20 Uhr: Angriff der Schnaken. Müde...

Sonntag, 8. September 2024

Lauter nette Leute

Kleiner Nachtrag zu gestern: Punkt 20 Uhr erfolgt der Angriff der Stechmücken, da ziehe ich mich lieber zurück hinter das Moskitonetz. Draußen dürfen sie gerne surren, nur muss ich lernen, dass ich nicht um mich schlagen muss, da die Viecher ja nur draußen Terror machen.

Morgenchaos - bis alle Aktivitäten parallel und bruchstückweise abgeschlossen sind und tatsächlich alles wieder verstaut ist. Nix vergessen - ein letzter Blick. Der Wetterbericht versrpicht nicht ganz so warme Temperaturen, darum wird wieder auf die Dauenjacke zurückgegriffen. Auf der guten Schotterstraße geht es am Seeufer entlang weiter. Gallejaur scheint ein Museumsdorf zu sein. Auf jeden Fall stehen hier einige sehr alte Blockhäuser und -scheunen, das Heu ist traditionell über Trockengestellen aufgehängt und an der Einfahrt neben dem Schafsgehege steht eine große Milchkanne abholbereit. Ich bezweifle, ob die tatsächlich gefüllt ist. Kurz dahinter finden sich noch 1 oder 2 Häuser neueren Datums und ein Schild, dass hier die öffentliche Straße endet. Ein Holzstoß verbreitet den Duft von frisch geschlagenem Holz - ach, liebe ich diesen Geruch so sehr! Wir fahren einfach weiter auf dem Privatweg, der nach ca. 5 km wieder auf die Hauptstraße trifft. Die etwas rauhere Gangart auf diesem Abschnitt ist gut zum wachwerden, sowohl für die Lisl als auch für mich.

Nun sind wir wieder auf einer der gut ausgebauten schwedischen Asphaltstraßen mit wenig Verkehr. Der Wald hat uns wieder! Zumindest dort, wo er nicht großflächig durch Brand oder Rodung zunichte gemacht wurde. Norsjövallen - hier ist ein Capingplatz ausgeschrieben und (ich weiß nicht warum) ich beschließe, meinen Wasservorrat dort aufzufüllen. Auch wenn ich dafür ca. 1 km von der Route abzweigen muss. Es hat sich gelohnt! Ein herrliches Plätzchen mit Sitzgarnituren zwischen lichten Kiefern auf einer Insel...aber nein, das ist nur der örtliche Park. Der Campingplatz kommt gleich im Anschluss. Vorsichtshalber will ich mal fragen, bevor ich mich einfach irgendwo bediene. Eine Frau spricht mich auf englisch an, ob sie helfen könnte - ja, sie arabeitet hier. Sie ist sher freundlich und hilfsbereit und natürlich darf ich meinen Kanister hier auffüllen. Es entwickelt sich ein nettes Gespräch über den Betrieb von Campingplätzen, Tourismus und Einkommmen. Sie lädt mich ein, noch eine Rundtour über den Campingplatz zu fahren, was wir gerne annehmen. Ein fröhliches Winken zum Abschied.

Plötzlich ein Wetterphänomen: strahlend blauer Himmel, keine Wolke weit und breit und Regentropfen treffen mich im Gesicht?? Wie kann das sein? Erst ca. 60 km später wird es grau und leichter Nieselregen setzt ein. Eigentlich habe ich keine Lust auf Regenklamotten, aber viele kleine Tropfen machen eben auch nass, also verpacke ich mich und Lisls Tankrucksack. Es bleibt zum Glück bei "erhöhter Luftfeuchtigkeit" und artet nicht in stärkeren Regen aus.

Eigentlich wollte ich irgendwo freies WiFi erwischen, um ein bisschen zu studieren und nach der Fähre nach Lettland zu schauen. Also kehre ich in Junsele bei der nächsten Tankstelle mit angegliedertem Laden ein. Sieht gut aus, haben auch Sitzplätze und Steckdosen und leckere Mandelschnecken. Aber leider (noch) kein Internet - das kommt erst in einem halben Jahr. Ok, dann sehen wir uns in 6 Monaten wieder. Die Verkäuferin lacht und schickt mich zum Supermarkt, die hätten freies Gästeninternet. Nur etwa 100 m weiter ist der Laden mit einer Sitzgarnitur vor der Tür - perfekt. Kaum hab ich das Laptop ausgepackt, parkt ein Auto mit deutschem Kennzeichen neben mir ein. Der junge Mann mit kleiner Tochter kommt direkt auf mich zu - er ordnet die Nationalität sofort richtig zu. Aus einem "hallo" wird ein längeres Gespräch mit Einladung zum Kaffee. Während die beiden einkaufen, überlege ich und sage dann gerne zu. Aus dem Kaffee wird ein Tee, aus dem jungen Mann wird Chris, aus der Tochter Mailin und dann gibt es noch die nette Mama Julie und den kleinen Bruder Finn. Und ein paar Hunde. Und viele Geschichten aus jedem Leben. Die Einladung dehnt sich auf ein Abendessen aus und ich lade mich dann zum übernachten in das Gästehaus ein. Bei einbrechender Dunkelheit zünden Chris und Mailin ein kleines Lagerfeuer an und wir sitzen alle unter dem romantischen Sternenhimmel, während Mailin ihre sportlichen Künste vorführt. Eine sehr nette Familie mit spannenden Lebenserfahrungen und -träumen.

Streckendatei hochladen? Geht heute überhaupt nicht! Zumindest nicht am Spätnachmittag. In der Nacht funktioniert es dann doch noch und auch die missglückte Streckendatei von gestern funktioniert jetzt endlich. Und der Sekundenkleber musste heute zeigen, was er kann: die Halterung für die Lenkerflasche wird geklebt und auch die Flasche selbst, die jetzt nach gut 30 Jahren bereits nach und nach brüchig und undicht wird....mal schauen, wie lange das gut geht.