In meinem bestens beheizten Privathaus habe ich super gut geschlafen, wie ein Stein. Die drohende Erkältung hat sich über Nacht verzogen, nur ein klein wenig Kopfschmerzen sind geblieben. Vom blitzblauen Himmel strahlt eine goldene Morgensonne, die Luft ist so frisch und klar, mein Herz schlägt gleich viel höher! Ich verabschiede mich um 9 Uhr noch von Christian - er denkt, mein gestriges Gespräch mit seinem Sohn David hat vielleicht etwas bewegt. Wäre schön.
Ein wunderbarer Tag zum Fahren, nur die 3 Grad "Wärme" und ein eisiger Gegenwind aus Norden sind ein Wehrmutstropfen. Ich werde anscheinend alt, ich halte die Kälte nicht mehr so gut aus. Odin hat (noch) keine Griffheizung, darum kriecht die Kälte durch die Lenkerstulpen in die Finger und von dort aus in die Knochen. Ich verkrieche mich in mir selbst, ziehe gedanklich alles zusammen und versuche so, wenigstens meine Mitte warm zu halten. Zum Glück ist Odin ja ziemlich durstig, da bieten die Tankstops immer eine Möglichkeit, mich etwas aufzuwärmen. Die erste Tasse Tee (und ein paar Pommes zum "Frühstück") gibt es erst nach 11 Uhr - vorher bietet sich keine Möglichkeit.
Der Gedanke an meinen heißen Badestamp in Norwegen treibt mich an. Und ich freue mich riesig auf meinen ganz lieben Besuch aus Schottland, der in 2 Wochen eintreffen will.
Am Straßenrand in einer Ortschaft stehen zwei schwarz gekleidete Personen, die längliche Gegenstände in der Hand halten. Sofort schaltet mein Gehirn auf "Kolumbien" um und interpretiert: 2 Polilzisten mit Maschinengewehren. Beim Näherkommen entpuppt sich das Paar als Männlein und Weiblein in schwarzen Arbeitsklamotten, die eine Motorsense und einen Labubläser halten - ha ha ha!
Wo und wie werde ich die nächste Nacht verbringen? Zum campen ist es mir wirklich viel zu kalt! Die Bikergruppen geben leider nichts her, kein Gastgeber weit und breit zu sehen. Im Landesinneren von Schweden sind die Pins auf der Karte sehr dünn gesät, und das scheint in Norwegen nicht viel besser zu sein. Hostel? Scheint es nicht zu geben. Booking.com bietet bei Mora lediglich ein "Wanderer-Heim" für knapp 50 € an. Aber es gibt doch auch Campingplätze mit Hütten? Leider werden im Internet keine Preise angegeben, also viesiere ich einen Platz an und werde vor Ort nachfragen. Auch hier herrscht wieder das menschenlose Checkin-Verfahren - man kann lediglich eine Hotline anrufen. Immerhin ist am anderen Ende tatsächlich ein Mensch, die mir den Preis für eine kleine Hütte nennen kann: 850 SEK! Das sind fast 80 €! Nein danke. Jetzt muss ich wohl doch auf das Wanderer-Heim zurückgreifen und buche mich ein.
Noch etwa 2 Stunden Fahrt durch den schwedischen Wald und entlang unendlich vieler riesiger blauer oder moorbrauner Seen. Oh - es ist ja gar nicht mehr so kalt? Und die Sonne scheint weiterhin. Ein bisschen bereue ich schon die gebuchte Hotelnacht, aber laut Wetterbericht sind auch die kommenden Nächte saukalt. In Norwegen schneit es dazu noch. Ich beschließe also, das Hotel zu genießen. Es entpuppt sich (Check in auch über Telefon) als älteres Gebäude mit einigen Nebengebäuden mit herrlichem, schwedischem Flair. Viele gemütliche Sitzecken, Konferenz- oder Speiseräume. Mein Zimmer liegt im ersten Stock, direkt hinter den kleinen Küche, mit Blick auf den Hof, wo Odin und Trulla schlafen. Es wirkt, als ob ich das ganze Haus für mich alleine habe, man hört und sieht keine Gäste. Das Haus hat eine Seele, ich fühle mich wohl hier.
Beim Abendessen nehme ich an einem internationalen Quiz-Videocall teil, danach schreibe ich den heutigen Eintrag und dann wird geschlafen. Gute Nacht!