Montag, 23. Juni 2025

Von Zuhause (in Deutschland) nach Hause (in Norwegen)

Abfahrt zum Endspurt - letzte Etappe - ist heute erst gegen 14 Uhr, nach einem letzten Termin beim Osteopathen. Die Lisl muss ja auch noch nach Hause kommen. An ihrem "neuen" Motor hat sie sich noch nicht so ganz gewöhnt, das Anspringen fällt ihr noch schwer und im Schiebebetrieb patscht sie arg. Aber heute mag sie auf den ersten Drücker - sie weiß wohl, wohin es geht? Ihr Durst ist drastisch gesunken - ganze 2 Liter braucht sie weniger. Das macht eine Reichweiten-Erhöhung um ca. 200 km!

Wetter? Ja, das ist sehr wechselhaft: am frühen Morgen hat ein heftiges Gewitter getobt, im Laufe des Tages steigen die Temperaturen auf über 30 Grad. Starker, böiger Wind begleitet uns den ganzen Tag. Die Lisl bleibt stur in der Spur, aber mein Kopf wird ordentlich gebeutelt. Stellenweise finden sich noch große Pfützen im Schatten, in der Sonne ist die Straße jedoch trocken oder dampft gerade ab. Um 16 Uhr treiben die Böen bedrohlich dunkle Regenwolken auf uns zu. Ob uns das Wetter wohl erwischt? Wegen der schlimmen Gewittererfahrungen der letzten Tage, halte ich frühzeitig an um die Regenkombi anzuziehen und alle Schotten dicht zu machen. Das Einzige was jedoch naß wird, ist mein Rücken...vom Schweiß in dem warmen Anzug. Außer ein paar angetäuschten Nieseltropfen bleibt es trocken, auch wenn sich immer wieder dunkle Wolken vor die Sonne schieben.

In Geroldsgrün hat Faber Castell eine Produktionsstätte. Die historischen Gebäude direkt an der Ortsdurchfahrt fallen auf jeden Fall auf, denn sie strahlen in den kräftigen Farben der Faber-Buntstifte. Jedes in einer anderen Farbe! Das ist sehr lustig. Hier ist unser heutiges Tagesziel. Es ist aber noch nicht spät und wir haben noch Lust, ein wenig weiter zu fahren. Gelegentlich taucht ein Rastplatz mit Sitzgeletenheit auf, einmal sogar mit einer offenen Hütte. Weiter geht's noch ein wenig.

Entlang der Frankenwaldhochstraße passieren wir einen kleinen Bahnhof, der auch historische Triebwagen beherbergt. Die Hochstraße windet sich herrlich kurvig durch Täler und über Berge, aber den Wald vermisse ich schmerzlich. Risiege Waldflächen wirden kahlgeschlagen, in großen Teilen haben Stürme heftig gewütet, die letzte Bäume sterben oder sind schon tot. Traurig braun und kahl stehen ihre Gerippe zwischen einzelnen noch grünen Fichten.

Um halb acht Uhr beschließen wir den Tag an einem Platz neben der Straße. Hoch über Dörfern und Wiesen, auf über 600 m, liegt eine kleine offene Hütte mit Sitzgelegenheiten. Dort werde ich schlafen, dann muss ich das Zelt nicht aufbauen.

Mittwoch, 4. Juni 2025

Ein (vorläufiges) Ende mit Donnerschlag

Rolf hat schon den Frühstückstisch gedeckt, als ich aufstehe. Wir wollen noch frische Bockwürstchen probieren. Sie werden direkt aus dem Kessel an der Hintertür einer Metzgerei verkauft. Ich möchte eigentlich recht bald aufbrechen (9 Uhr wird's), denn wir haben heute eine sehr lange Etappe vor uns - 557 km! Das ist fast doppelt so viel wie an den anderen Tagen. Der Tag beginnt leider schon mit einer unangenehmen Überraschung - auf unserer Futterkiste klebt ein Zettel vom Ordnungsamt. Es wird nicht erwähnt, was wir falsch gemacht haben, lediglich, daß wir Post erhalten werden.

Es ist warm, 24 Grad! Mir ist das zu viel, mein dresscode ist auf Sommer eingestellt aber ich komme dennoch in's Schwitzen. Hägar trägt sein gestern montiertes vorderes Nummernschild auch nur widerwillig - seinen Ärger reagiert er mit Hitzeentwicklung im Auspuff ab. Und der strahlt die Hitze weiter an mein rechtes Knie ab.
Auf deutscher Seite geht es nun nach Görlitz, wo wir wieder nach Polen wechseln. Auf dieser kurzen Etappe sind uns mehr Polizeifahrzeuge begegnet als auf den ganzen 3000 km von Norwegen bis hierher. In Görlitz ist mein Navi überfordert, so fahren wir ein wenig zick-zack, bis wir den richtigen Ausgang finden. Auf polnischer Seite kaufe ich in einem Supermarkt etwas zu trinken und 2 süße Teilchen. Die Menschenschlange an der einzig besetzten Kasse reicht einmal um die Welt. Also versuche ich mein Glück an der Selbstbedienungskasse. Die erzählt mir aber ewig lange eine sich wiederholende polnische Geschichte und es geht nicht weiter. Als auch die anderen Kassen in den gleichen Modus wechseln, taucht ein Angestellter auf und setzt die Kassen zurück. Ich bitte ihn, mir zu helfen, denn ich verstehe beim besten Willen kein Polnisch und komme mit der Kasse nicht klar. Für meine 2 Kaffeeteilchen braucht man 2 Tüten! Hä? Erst als diese separat verpackt sind, darf ich weitermachen. Wofür die zweite Tüte gut sein soll erschließt sich mir nicht, denn man muss ja jedes Teil einzeln eingeben.

Als nächstes wollen wir auf Nebenstraßen die polnisch-tschechise Grenze passieren. In einem kleinen Dorf zweigt das Sträüchen ab, aber nach 100 m stehen wir vor dem Ende. Die Straße ist mit einem Gitter verbarrikadiert - Fußgänger und Fahrradfahrer können leicht passieren, die Lisl würde es vielleicht auch schaffen, nicht aber Hägar oder gar unser ganzes Gespann. Also müssen wir einen großen Umweg und über eine Schnellstraße fahren, um die Tschechei zu entern. Dort passe ich die Route an, denn das Navi schlägt einen großen Bogen vor. Den kürzen wir ab und fahren quer durch den Wald über einige Berge. Hägar muss dabei ordentlich schnaufen.
Ein herrliches Stück Kurvenstrecke dürfen wir dann unter die Räder nehmen - phantastisch für Motorräder, für mich auf dem Quad etwas anstrengend. Man muss ordentlich mit Lenkung, gegen Geradeauslauf und mit Gewichtsverlagerung arbeiten und Hägars Beschleunigung zum Kurvenende sit bei mageren 23 PS auch nicht gerade umwerfend. Die Lust ist voll mit Pollen und Blütenstaub, der mir in die Augen fliegt.

Nun sind wir Richtung Prag unterwegs, werden es aber in großem Bogen weiträumig umfahren. Die große, zweispurige Straße ist viel befahren, die Autofahrer werden rücksichtsloser und einige Male stockt der Verkehr auch, Baustellen mit laaanger Wartezeit halten uns auf. Nicht sehr spaßig.

In Pilsen wird es ganz verrückt: am Ortseingang erreichen wir einen Kreisel mit 5 Ausgängen, die aber allesamt gesperrt sind. Lediglich der letzte Abzweig entläßt uns wieder, allerdings in die komplett falsche Richtung. Wir irren durch ein Industriegebiet und landen immer wieder in Sackgassen - es gibt keinen Ausweg Richtung Stadt oder in unsere Richtung! Also müssen wir zurück, durchfahren den Kreisel entgegen der Fahrtrichtung (Baustelle) und können ihn nur durch die ursprüngliche Einfahrt wieder verlassen. Ein ganzes Stück zurück habe ich eine kleine Straße als Alternative ausgemacht, aber wir können nicht dorthin abbiegen - Baustelle und Abbiegeverbot. Auch können wir auf dieser Straße nirgends wenden. Es geht also ziemlich lange zurück bis wir irgendwo illegal wenden können, dann wieder zurück Richtung Kreisel aber kurz davor abbiegen. Dann noch ein paar kleinere Wirrungen, weil mein Navi nicht mitspielen will, und wir sind wieder auf Kurs.

Hm, das Navi errechnet eine Ankunftszeit in Aschbuch gegen 10 Uhr abends. Aber für 7 Uhr sind schwere Gewitter vorhergesagt, sowohl an unserem aktuellen Aufenthaltsort als auch in Aschbuch. Die Warnungen erreichen mich auf verschiedenen Kanälen - Panikmache? Bei unserer letzten Tankpause in Tschechien um 19 Uhr ist es warm und trocken - die Wetterapp behauptet aber, es würde in Strömen regnen.
Kurz nach der Grenze fahren wir auf eine schwarze Wolkenwand zu und ich packe mich vorsichtshalber wasserdicht ein. Eine Zeitlang werden wir noch verschont und dann folgen wir einer unsichtbaren Grenze zwischen der tiefstehenden, blendenden Sonne rechts von uns und den dunklen Regenwolken links von uns. Es ist genau die Grenze, wenn die ersten Regentropfen vor einem Gewitter fallen. Manchmal ist die Straße naß, manchmal trocken; manchmal gibt es schwere Regntropfen, manchmal nicht. Ziemlich lange haben wir dieses Glück.
Parsberg ist angeschrieben! Das ist schon fast zu Hause - zumindest fühlt es sich so an. Immerhin liegen immer noch ca. 50 km vor uns. Und jetzt zucken grelle, orange Blitze rings um uns herum und erleuchten den Himmel und die ganze Umgebung. Donner höre ich keinen, dank der Ohrstöpsel und Hägars Motorsummen. Ein wenig Magengrummeln bekomme ich schon... Und dann erwischt es uns: in Sturzbächen prasselt der Regen nieder, starke Windböen kommen auf, es ist stockdunkel. Zum Glück tauchen ein paar Häuser auf, Hägar parkt an einer Giebelwand und ich stelle mich in einem Hauseingang unter. Ungeduldig wie ich bin, beschließe ich nach ca. 10 min, daß Blitz und Donner schwächer geworden sind und Wind und Regen nachgelassen haben. Oder doch nicht? Egal - weiter geht's! Wir werden noch ordentlich gewaschen, unserer Geschwindigkeit sinkt enorm dank Hägars Slicks auf den Vorderrädern und meiner "Null-Sicht". Das verkratze Brillenglas ist selbst innen von Wassertropfen übersät und beschlägt gelegentlich. Entgegenkommende Autos fabrizieren Christbäume mit ihren Scheinwerfern. Hägars Licht - inklusive Zusatzscheinwerfer - wird von der Dunkelheit, der nassen schwarzen Straße und den davon aufsteigenden Nebelwölkchen fast vollständig verschlungen.

Etwa um 10 Uhr abends rollen wir in Aschbuch ein. Alle Straßenlaternen und Häuser sind dunkel...? Als wir mitten im Ort sind, gehen die Lichter wieder an - Stromausfall. Meine Familie hat davon nichts bemerkt. Hägars Platz in meinem Carport ist von den Autos besetzt, die vor dem Hagel in Sicherheit gebracht werden mussten. Also wollen wir in der Garage einziehen - dort ist allerdings alles vollgestellt mit dem Inhalt und feuchten Fußbodenresten eines Badezimmers - dort hatte es einen Wasserschaden gegeben. Hägar kann sich gerade noch so dazwischen quetschen, den Anhänger muss ich gleich in den Garten bringen. In meiner Hütte ist kein Strom vorhanden - die Hauuptsicherung ist rausgeflogen.
Irgendwie scheint es jedesmal schrecklich vermüllt und chaotisch auszusehen, wenn ich nach Aschbuch komme. Es ist kein entspanntes "nach-Hause-kommen".

Jetzt ist erstmal wieder Pause angesagt - der letzte Abschnitt diese Reise wird mit meiner Lisl sein und voraussichtlich ab 23.Juni stattfinden. Bis dahin...

Dienstag, 3. Juni 2025

Follower

 

Nach einem "Forschter Schnitzel", einem Eisbecher und einigen Gläsern Wein versuche ich nun, den Tag nochmal Revue passieren zu lassen - nicht einfach....

Wenn ich mich recht entsinne, sind wir kurz vor 8 Uhr gestartet. Früh am Morgen steht das Zelt noch im Schatten, bald schon kann die Sonne jedoch das Kondenswasser im Überzelt trocknen. Es ist warn. Aus Gewohnheit ziehe ich dennoch die lange Unterhose an und lasse die Regenjacke ebenfalls übergezogen. Während der Fahrt ist das zu Beginn noch angenehm, bei Stopps und ab Mittag wird es dann aber doch zu warm. Immerhin lege ich die Regenjacke um die Mittagszeit ab.

Wir halten uns gerne an die von Hägar bevorzugten Strecken, manchmal gute Asphaltstraßen (keine Autobahn!), dann wieder sehr schmale Asphaltsträßchen mit immensem Hoppelfaktor. Wir treiben uns größtenteils außerhalb der Städte in der grünen und bunten Natur herum. Hägar rollt weiterhin zuverlässig, der Hänger trollt sich unbemerkt hinterher. Alle ca. 100 km gibt es einen Tankstopp ohne große Verweildauer. Unser Ziel ist heute Forst an der polnisch-deutschen Grenze in der Nähe von Cottbus. Ich habe mich bei Rolf eingeladen, einem Motorradfahrer, den ich über gemeinsame Freunde kennengelernt habe. Er will mir ein wenig entgegenkommen, damit wir ein Stück zusammen fahren. Unsere Kommunikation scheint etwas unklar zu sein - er erwartet mich gegen 11 Uhr an einem Kriegerdenkmal in der Nähe von Forst. Mein Navi errechnet bis dahin aber mindestens 14 Uhr. Dabei sind keine Pausen, Baustellen oder Hindernisse eingerechnet. Die Zeit vergeht...der Ankunftszeitpunkt wandert langsam immer weiter nach hinten.
Und dann stehen wir vor einer Schranke, Sperrschild, dahinter die Oder. Laut Karten gibt es hier eine Straße, laut Beschilderung eine Fähre und tatsächlich - nichts! 2 große, orange Tafeln mit viel polnischem Text. Ich interpretiere das so, daß hier in nächster Zeit keine Fähre verkehren wird. Ein protziger Mercedes steht schon wartend dort, der Fahrer (Typ "neureich, nicht sehr schlau") kommt sofort auf mich zu und fragt nach meinen Ortskenntnissen. Ich weiß doch auch nicht mehr. Laut Navi gibt es ca. 15 km östlich eine Brücke, das macht 1/2 Stunde weitere Verzögerung. Wir beachten den Mercedesfahrer nicht weiter und fahren flott los. Und schon haben wir einen Follower! Er folgt uns tatsächlich in respektvollem Abstand den ganzen Weg bis zur Grenze, auch wenn wir öfters überholt werden. An der Grenze trennen sich unsere Wege mit Winken und Hupen. Lustig.

Rolf hat sich die Stunden der Wartezeit irgendwie vertrieben, er tut mir leid. Aber er führt mich nun stolz zum "Ostsee", einem riesigen Seenprojekt, das noch im Bau ist. Von Wasser ist bislang nichts zu sehen, der künftige Seeboden wird von staubigen Windhosen heimgesucht. Noch wird dort Tagebergbau betrieben und ein Kohlekraftwerk raucht auch - es wird bald verschwinden. Wir verabreden ein Wiedersehen, wenn auch Wasser zu sehen sein wird.
Es ist nicht mehr weit, ich bin total verschwitzt, es ist heiß. Kontrastprogramm.
Nach einer erfrischenden Dusche suchen wir das "Forschter Schnitzel" (in Anlehnung an z.B. das Wiener Schnitzel: Schnitzel mit ). Rolf muss dem Koch erst erklären, was man darunter versteht - ha ha. Aber - es schmeckt sehr lecker! Der Abend dauert bei Wein und Geschichten noch ein Weilchen, Hägar parkt auf der Straße und ich schwitze im Wohnzimmer. Gute Nacht!

Montag, 2. Juni 2025

Schippern

Wir haben ein Ticket für die Fähre von Malmö nach Swinemünde in Polen. Warum? Ich möchte ohne TÜV möglichst wenig durch Deutschland fahren und darum auf der polnischen und tschechischen Seite Richtung Süden reisen. Leider verkehrt die Fähre nur tagsüber, sonst hätten wir uns wieder eine Übernachtung gespart - aber dann gibt es halt einen Entspannungstag. Um 9:30 Uhr wird das Gate geschlossen, also müssen wir frühzeitig aufbrechen. Abfahrt ist um 7:30 Uhr, das sollte uns genügend Puffer geben. 

Christel fragt am Morgen nach, ob ich noch ein Frühstück möchte, aber ich ziehe es vor, Rihtung Fähre aufzubrechen. Unterwegs halte ich noch an einem Supermarkt an, um Verpflegung für den Tag zu besorgen. Der schnellste Weg führt über die Autobahn - angeblich. Aber - wen wundert's - Stau Richtung Malmö. Also nehmen wir die nächste Abfahrt und fahren auf Landstraßen Richtung Hafen. Das Hafenviertel ist riesig und ziemlich schlecht ausgeschildert, aber als wir die Fähre erspähen, folgen wir einfach der Himmelsrichtung. Auch im Hafen sind die Zufahrten schlecht markiert. Schließlich landen wir am Check-in-gate. Nur ein Gate von vieren ist geöffnet und dort diskutiert ein polnischer Kleinbusfahrer unendlich lange mit den Mädels am Schalter. Die bereits eingecheckten Fahrzeuge werden bereits verladen, als ich endlich einchecken kann. Aber auch hier stellen sich die jungen Damen ziemlich umständlich an. Nach einer Ewigkeit eröffnen sie mir, daß mein Gefährt nicht (wie üblich) als Motorrad gilt sondern als Auto bepreist wird. Ich muss 55 € nachzahlen! Das ist beinahe nochmal der gleiche Preis, den ich schon bezahlt habe. Grrr... Vielleicht hätte ich auf die Frage, ob wir länger als 2 m sind einfach "nein" sagen sollen? Die hätten mir das womöglich geglaubt!  Dafür bekommen wir nun einen eigenen Follow-me, der uns durch alle bereits geschlossenen Tore direkt zum LKW-Deck bringt. Sogar auf das richtige Schiff, denn direkt daneben wird gerade die Linie nach Travemünde beladen. Während Hägar im Schiffsbauch ruhen darf, vertreibe ich mir die Zeit mit lernen und essen.

Wir fahren unter der riesigen Öresundbrücke durch und umrunden Rügen. Unterwegs regnet es einmal ganz ordentlich, aber das berührt uns nicht. Anders, als wir im Hafen ankommen. Die Sonne scheint bei der Ankunft aber als Hägar aus dem Rumpf hervorlugt, geht ein heftiger Wolkenbruch los! Schnell die Regenhose anziehen und ab nach Süden, in der Hoffnung, daß wir dem Regen entfliehen können. Das nächste Ärgernis sind die Sperrschilder, die lediglich eine einzige Straße als Ausweg anbieten. Alle anderen Alternativen sind gesperrt - weitläufig. Der Regen läßt nach kurzer Zeit nach, aber die Straßen sind naß und mit riesigen Pfützen überschwemmt. Zelten? Wird wohl schwierig. Aber - wir werden doch noch fündig, am sandigen Ufer des Dabier Sees. Es gibt eine Strandpromenade, Spielplätze, einen Parkplatz, viel Sand und dahinter einige Häuser. Jetzt am Abend gibt es kein Publikum, lediglich einige Hunde dürfen Gassi gehen. Ich werde also meine Ruhe haben. Bei Froschorchester und Kuckuck-Gesang?


Sonntag, 1. Juni 2025

Gewitter

Heute wollen wir früh los, denn um die Mittagszeit ist heftiger Regen angesagt. Um viertel vor neun geht's dann los, nach einem leckeren Frühstück mit Klaus und Deborah. Gleich zu Beginn zeigen sich erste Hindernisse, der einzige Bahnübergang in Kinna ist gesperrt und wir müssen einen größeren Umweg nehmen, wobei wir auf eine Schnellstraße gelangen. Dabei verpassen wir die Tankstelle - hoffentlich reicht's bis zu nächsten. 
Schwups - schon landen wir auf einem herrlichen Eerdweg. Hier fühlt Hägar sich wohl. Wenig Schotter, festgefahrene und trockene Erde machen Spaß, nur die Spurrillen werfen ihn gelegentlich aus der Bahn. Um 11 Uhr habe ich ein Videomeeting und suche dafür rechtzeitig nach einem geeigneten Plätzchen. Dummerweise ist auch für genau diese Zeit Regen angesagt. Perfekt zur richtigen Zeit eröffnet sich ein kleiner Freizeitpark am See, Parkmöglichkeiten,öffentlichen Toiletten, schöner Rasen mit Sitzgarnituren und nebenan sieht es nach Kiosk oder Minimarkt aus. Nach einer knappen Stunde kommt heftiger Wind auf, die ersten Tropfen fallen, ich eile in den kleinen Markt und finde dort tatsächlich eine gemütliche Ecke. Als Alibi kaufe ich einen Saft. Ein echt heftiges Gewitter bricht los, riesige Regentropfen prasseln auf das Blechdach, der Parkplatz wird geflutet! Kurz vor mein Meeting beendet ist, hört auch der Regen auf - perfektes Timing und alles richtig gemacht!
Zur Sicherheit ziehe ich nun die Regenhose über, aber eigentlich ist es fast zu warm. Wie sich später herausstellt, ist die Hose überflüssig, aber ich lasse sie vorerst zur Sicherheit noch an. Mittlerweile scheint die Sonne milchig durch die Wolkendecke und schafft perfekte Temparaturen - nicht zu warm und nicht zu kalt. Auf dem nächsten abgelegenen Erdweg stören wir das Sonnenbad zweier Hasen mitten auf dem Weg und ein Reiher mit seiner Familie beschließt kurzehand, unseren Weg nicht zu kreuzen. "Passend" zu einem Hinweisschild auf den kommenden Naturpark steigt mir ekliger Kläranlagenduft in die Nase...zum Glück finden wir uns bald in der reinen Waldluft wieder.

Es ist so phantastisch - immer wollte ich meine "Rentnertour" durch die Parallelwelt der Nebensträßchen machen. Und hier sind wir! Erdwege wechseln sich ab mit asphaltierten Abwegen, teilweise wunderbar kurvig. Gelegentlich kreuzen wir eine Schnellstraße aus der "echten" Welt, um ganz schnell wieder in unsere Welt abzutauchen.

So erreichen wir Saxtorpsskogen, das nur ca. 30 km von Malmö entfernt liegt, stressfrei und mit maximalem Spaß! Hier beherbergt mich Christel (nein, nicht die von der Post, sondern von bunk-a-biker). Ich habe ein ganzes Gästehaus für mich, das sogar eine Sauna sein eigen nennt! Nebenan stehen die Motorräder in der Garage. Christel lädt mich zum Abendessen sein - es gibt Chili con carne mit duftendem Reis und knackigem Salat. Einfach phantastisch. Und natürlich Gespräche: über Reisen, das Leben und die Liebe...
Jetzt ist das Gewitter hier, die harten Tropfen knallen auf das Verandadach und machen eine weitere Unterhaltung unmöglich. Dann ziehen wir uns halt zurück - gute Nacht.

Samstag, 31. Mai 2025

Sonne!

Nach langem und gutem Schlaf in einem sehr komfortablen Bett brechen ich um halb zehn Uhr auf. Die Sonne scheint! Es ist ziemlich warm, die Regenhose verschwindet im Gepäck. Die Jacke muss ich allerdings an lassen und auch zuknöpfen, denn die Luft ist doch noch ziemlich kühl.

Hier unten im Süden wirkt es fast wie die deutsche Heimat: das Straßennetz ist deutlich dichter und besser ausgebaut. Es gibt nette Nebenströßchen und dicke Hauptstraßen. Wälder und Felder strahlen in herrlich frischem Grün, alles blüht farbenprächtig. Heute am Samstag scheint das ganze Volk mit Gartenarbeit beschäftigt zu sein, man räumt, putzt, pflanzt. Wären die Häuser hier nicht typisch schwedisch und rot, könnte man glatt meinen, in Süddeutschland zu sein.
Auf einer der langen, geraden, abgelegenen Strecken lauscht ein kleiner Elch mit seinen großen Ohren unserem Kommen. Als wir in Sichtweite kommen, trollt er sich gemütlich in seiner eleganten, schwingenden, hochbeinigen Gangart. Ein verspäteter Osterhase hüpft davon und ein Füchslein trollt sich. 

Irgendwie landen wir dann doch auf einer Schnellstraße - nicht unbedingt unser Lieblingsort. Hägar gibt sein Bestes, um kein Verkehrshindernis zu sein- er macht sich ganz ordentlich. Entlang der Nord- und Ost-Seite des Vänern (größter schwedischer See) gen Süden. Leider ist vom See nicht viel zu sehen, denn die Straße verläuft im großen Abstand zum Ufer. Lediglich ein kurzer Abstecher auf einem Erdweg führt durch eine Wochenendsiedlung direkt am See. Auch hier scheint die ganze Küste zugebaut zu sein - schön für die Hauseigentümer.

Die Mittagspause mit Käsebrot und Cocktail-Tomätchen verbringe ich auf einer langen Holzbank im Hafen. Hier gibt es eine Zapfsäule für Hägar, viele Boote und einige Kräne zum herausheben der Boote. Ich glaube, hier war ich vor Jahren schon mal und hab einen Kran in Aktion gesehen. Ein Motorbootchen läuft ein, der Besitzer geht an mir vorbei und meint, ich hätte hier ein wunderbares Picknickplätzchen - wie wahr! Ein herrliches Wetter heute!

Tankstellen sind hier zwar immer rechtzeitig vorhanden, oft müssen wir dazu aber Hinweisschildern folgen und sie bestehen dann nur aus einer Zapfsäule mit Kartenautomat. Keine Versorgungs- oder Toilettenmöglichkeit. Das kann problematisch werden....

Nach langer Fahrt, zum Schluss auf herrlichen, kurvenreichen Nebensträßchen, kommen wir gegen halb sieben bei Klaus an. Er ist ein Mitbläser aus meinem ehemaligen Posaunenchor, der vor über 20 Jahren nach Schweden ausgewandert ist. Sein Wohnort liegt immer in der Nähe meiner Strecke, wenn ich über Schweden fahre, darum sehen wir uns alle paar Jahre gelegentlich. Frau und Tochter sind heut auf einem Konzert, die übrigen, fast erwachsenen Kinder verstecken sich in ihren Zimmern. Wie immer gibt es bei Klaus ein sehr leckeres Essen (auch wenn er vergessen hat, daß ich vorbeikomme): heute Wildgans mit Reis. Er ist Jäger und Angler, d.h. es gibt immer etwas selbst erlegtes oder gefangenes. Bei Wein und Geschichten vergeht der Abend wie im Flug - müde sinke ich im Jagdzimmer in's Bett.



Freitag, 30. Mai 2025

Schlammschlacht

Ich hab mich gestern an einem schönen Flußplätzchen noch neben ein holländisches Wohnmobil gequetscht. Beim Einschlagen der Häringe ist mir ein Malheur passiert und ich habe eine dicke Blutblase davongetragen. Nicht tragisch, aber sie hat die ganze Nacht nicht aufgehört zu bluten, das Taschntuch war wohl nicht sehr hilfreich. Ich hab beim überstürzten Aufbruch nicht an alles gedacht - kein Pflaster dabei. Am Morgen bekomme ich auf Anfrage von der netten Holländerin ein Pflästerchen - jetzt versaue ich wenigstens nichts mehr.

Die Nacht im Skigebiet auf immerhin gut 500 m Höhe war frisch, aber nicht ganz so kalt wie gestern. Am Morgen nieselt es, ich muss das Zelt abtrocknen und feucht einpacken. Da ich bewußt auf alles Überflüssige verzichtet habe, gibt's auch kein Frühstück und kurz nach 9 sind wir schon unterwegs - unser nächster Übernachtungsplatz steht fest - bei Josef von "bunk a biker" in Hagfors. Er wird nicht dort sein, stellt mir aber seine ganze Wohnung zur Verfügung. 365 km werden wir bis 18 Uhr zurücklegen!
In Älvdalen verlassen wir die E45 und steuern etwas westwärts nach Fiskaheden, etwa 60 km. Niemand hat uns verraten, was uns dort erwartet: die Strecke ist in maximal hundsmiserablem, grottenschlechtem Zustand! Übersät von riesigen Schlaglöchern, wurde zwar der Belag schon größeneils abgefräst, was die Fahrbahn natürlich nicht besser macht. Extra schlechte Stellen wurden mit grobem Schotter etwas überhöht zugeschüttet. Im Prinzip ist die gesamte Strecke eine einzige Baustelle. Unendlich viele Ampeln (mindestens 10!) sind in kurzen Abständen aufgestellt, perfekt auf "rote Welle" abgestimmt, wobei die Rotphasen mindestens 7 Minuten betragen. Die beampelten Abschnitte sind einspurig, mit sehr grobem Schotter und roten Sand belegt und auf 30 km/h begrenzt. Weit und breit kein Baustellenbetrieb oder Gegenverkehr - dennoch stehen die Ampeln auf rot. Warten, warten, warten. Es ist einfach nur Schikane. Irgendwann wird es uns zu dumm, wir überlegen schon, das rote Licht einfach zu ignorieren, entscheiden uns dann aber doch eher für einfach eine schnellere Fahrweise. Hägar fliegt mit gut 60 km/h über Löcher, scharfe Kanten, Steine, Waschbrett und einfach alles, was im Weg liegt. Keine Ahnung, ob der Anhänger noch da ist....
Ein paar mal wechseln wir noch die Straßen, dann landen wir auf einer "ordentlichen" Lehmstraße. Da es ja meist geregnet hat, sind die Schlaglöcher wassergefüllt und der rote Lehm ist herrlich matschig. Das wird eine schöne Kruste ringsum geben!

Aber es gibt ja auch durchaus hübsche Anblicke in der herrlich grünen Natur, den sprudelnden Flüssen und spiegelnden Seen. Natürlich bevorzugt in den wenigen Momenten wenn die Sonne durchbricht. Übrigens: "MACKEN" heißt "Die Tankstelle"...