Die Strecke für die nächsten ca. 5 Tage ist geplant: sie führt zunächst wieder in's Inland und nicht am "Strand" entlang. Warum? Die Strände hier sind entweder nur mit dem Boot auf vorgelagerten Inseln zu erreichen oder total zugebaut. Die Strecke würde durch Industriegebiet und Städte führen, und das mögen wir nicht!
Vom nächtlichen Gewitter mit Wolkenbruch sind noch ein paar Pfützen zu sehen, ansonsten trocknet die Straße bereits. Es ist ziemlich kalt, ca. 10 Grad, und ich entschließe mich kurzfristig, noch eine Lage Kleidung zuzulegen. Um 10 Uhr Ortszeit geht die Reise wieder los. Die Lisl hat sich genau wie ich ans Faulenzne gewöhnt, sie mag ungern anspringen und dann tut sie ihren Unmut mit einem lauten Knall kund. Danach ist sie wach. Ich brauche etwas länger, bis die Steifheit aus dem Körper weicht. Aber der Sonnenschein macht immerhin gute Laune. Schöne Straßen, schöne Kurven, schööööne Berge. Schönes Wetter? Graue Wolken sammeln sich am Himmel und drohen mit Regen.
Auf ca. 500 Höhenmetern kurven wir einsam über die Höhenkämme der grün bewaldeten, kegeligen Berge nach Norden. Entlang der Küste wäre der Weg sehr viel kürzer, aber wir würden ziemlich sicher immer auf großen, befahrenen Straßen bleiben müssen. Hier ist es schön! Kein Müll, keine Autos oder LKWs, keine Industrie.
In Alcoutim wollen wir über den Grenzfluß nach Spanien und dann einen Campingplatz am Strand nach Huelva ansteuern. Mehrere Navigationsapps finden keine Fähre über den Fluss, obwohl in der Karte eine Verbindung gezeigt wird. Auch die künstliche Intelligenz des Internets behauptet, dass es eine Autofähre gibt. Na, ein Hafen wird doch wohl leicht zu finden sein? Weit gefehlt: der Ort liegt am steilen Berg, die Gäßchen sind extrem eng, sehr steil und manchmal miserabel gepflastert. Wir probieren viele Wege aus und landen immer wieder in Sackgassen über dem Fluss. Schließlich frage ich eine Einheimische, die mir bestätigt, dass die Fähre stündlich geht. Sie zeigt mir auch die Fähre vom Kirchplatz aus, wo wir gerade gestrandet sind. Es ist ein kleines Bootchen an einem schmalen Steg. Ein Fußgängerweg führt dorthin. Nein, das wird mit der Lisl nicht klappen - die Fähre nimmt wohl nur Fußgänger und Fahrradfahrer mit. Jetzt gibt es 2 Möglichkeiten: entweder doch wieder nach Süden zurück und an der Küste entlang, oder noch ein ganzes Stück weiter nach Norden bis irgendwann einmal eine Brücke kommt. Das Straßennetz ist sehr dünn und umrundet einige Berge. Dennoch nehmen wir die Nordroute. Meine "Kuriviger"-App baut noch einige große Runden zusätzlich ein, die ich gerne vermeiden würde, die Zeit wird knapp. Also bleiben wir auf der größeren aber dennoch hübschen Straße, bis sie plötzlich gesperrt ist. Vermutlich wegen einer unbefahrbaren Brücke voraus. Dann müssen wir halt doch dem Navi-Vorschlag folgen, landschaftlich und fahrerisch ein schöner Abschnitt.
Die Landschaft verändert sich - weite flache Hügel mit ein paar niedrigen Büschen und vereinzelten Bäumen strahlen jetzt im Winter mit grünem Flaum. Im Sommer liegt vermutlich die steinige, braune Erde brach. Schließlich erreichen wir die einzige Brücke weit und breit. In Spanien werden die Straßen breiter, gerader und befahrener. Je weiter wir nach Süden kommen, umso belebter wird die Gegend, ein kleiner Autobahnabschnitt ist auch dabei. Hier gibt es natürlich keine Campingmöglichkeiten, also müssen wir durchhalten bis zum auswewählten Campingplatz. Insgesamt sind das heute 280 km, eine stolze Strecke.
Zum Glück finden wir kurz vor dem kostenpflichtigen Platz ein hübsches Fleckchen: ein Erholungsgebiet mit Bäumen, Grill- und Sitzmöglichkeiten - das ist perfekt. Ein 5-minütiger Fußmarsch führt über eine feste Sandstraße zwischen spannenden Klippen hinunter zum Strand. Auch hier scheint es viel geregnet zu haben, der Weg ist stark aufgeweicht. Lisl und ich hatten wohl mal wieder Glück - wir haben keinen Regen abbekommen. Allerdings fängt es sofort leicht an zu regnen, kaum daß ich in die Koje geschlüpft bin.