Bereits am frühen Morgen fängt es an - es nieselt. Direkt am Polarkreis! Um halb sieben nutze ich ein kurzes Fenster, um schnell aufzubrechen und das Zelt möglichst trocken einzupacken. Grade so geschafft - dann nieselt es wieder. Der Inlandsvägen (E45) ist eine breite gute Aphaltstraße - das war 2028 noch nicht so, als Hägar nach Norden ausgewandert ist. Damals waren das hier alles noch Schotterstraßen. Alternative Wege zeigt das Navi schon an, aber das sind ebenfalls alles Schotterwege und bei diesem Wetter machen die nur Dreck, keinen Spaß. Ich will nur weg vom Regen.
Um 7:45 Uhr sind wir "on the road", ein großes Rentier begrüßt uns mitten auf der Straße. Wir schnappen jede auftauchende Tankstelle, ansonsten sind die Abstände für Hägar zu groß. Um halb elf machen wir einen Abstecher von der Umgehungsstraße, direkt nach Arvidsjaur, um zu tanken und mich aufzuwärmen. Nach einer guten Stunde mit warmem Kakao und Zimtschnecken bin ich immer noch nicht richtig warm oder trocken, aber trotzdem geht's jetzt weiter. Weg hier.
Von Arvidsjaur bis Sorsele fühlt es sich etwa so an:
Regen
Kiefern - oh, eine Birke!
Nieseln
Gerader Asphalt - zum Einschlafen. Die Augenlider sind schwer und schwerer.
Wolkenbruch
In der Ferne ein Elch auf der Straße
Regen
Große Abschnitte ohne Asphalt - fette, wassergefüllte Schlaglöcher, holpriger Grobschotter
Regenguß - Hochwasser auf der Straße
Starkregen
In Sorsele gibt's wieder eine Tanke und ein Grillrestaurant - das Kindermenü "Hamburger mit Pommes" soll von innen heizen und die Cola soll die Augen öffnen. So rettet man sich von Station zu Station.
Ich bin durchnäßt und durchgefroren, die Cola wirkt gegen die Müdigkeit, aber irgendwie muß ich ja auch mal eine Übernachtungsmöglichkeit finden. Zelten? Da hab ich heut wirklich keine Lust drauf - selbst der Regenanzug hat etwas durchgelassen. Alles ist naß und klamm. "Bunk a biker"? Weit und breit keine Möglichkeit zu sehen! Hotel? Auch booking.com hat keinerlei Angebote weit und breit! Da hilft nur noch wünschen und visualisieren. Wie wär's mit einer Hütte auf einem Campingplatz? Oder einer einsamen Fischerhütte mit Vordach? Visualisieren soll ja helfen.... Und ja - es funktioniert. An der versteckten Einfahrt sind wir schon vorbei, aber umdrehen und mal anschauen mag ich dann doch. Der Schotterweg endet nach wenigen Metern in einer Wendeplatte und direkt danach am Seeufer liegt eine Hütte. Sieht so aus, als ob dieses Jahr noch niemand da war - da wird hoffentlich nicht ausgerechnet heute jemand vorbeikommen? Es gibt eine überdachte Terrasse (zum Zelten), einen Steg in den klaren See (für Waschwasser), ein paar Gerätschaften (zum Aufhängen des Anzugs). Das Zelt baue ich aus Gründen der Schnakenabwehr und Wärme auf, es paßt gerade so auf die Terrasse - perfekt!