Freitag, 17. Januar 2025

Aufwärtstrend?

Natürlich hat die Brandung die ganze Nacht getost, und manchmal, wenn die Steine zurück ins Meer rollten, klang es wie wenn ein Auto wegfährt, aber das hat dem guten Schlaf keinen Abbruch getan. Langsam stehe ich mit der Sonne gegen 9 Uhr auf. Gerade als ich reif für's Frühstück bin, kommt ein Lieferwagen auf den Platz und bringt Backwaren und Eier - genau das, was ich jetzt brauche!

Mein "Giersensor" ist nach wie vor beschädigt, d.h. ich eiere noch umher und rette mich oft mit Ausfallschritten. Ein Hundebesitzer möchte ein Schwätzchen halten und meint, ich solle mir unbedingt die Schlangenbucht, ca. 10 min zu Fuß von hier, anschauen. Aber erst wird gepackt. Ich denke, ein Spaziergang stabilisiert vielleicht meinen Körper und marschiere los. Die Bucht hat wirklich einen wunderschönen Palmen-Sandstrand und auch auf halbem Weg dorthin liegt ein schönes, einsames und ebenes Zeltplätzchen. Leider zu spät.

Um 12 Uhr darf die Lisl dann auch loslaufen. Der kleine Service in Almeria hat ihr gut getan, die Bremse greift wieder giftig zu und im unteren Drehzahlbereich läuft sie viel gleichmäßiger. (Übrigens auch der Kocher heizt wieder ordentlich.) Auf unserer Fahrt entdecken wir noch einige WoMo-Stellplätze wie diesen - sieht ein wenig aus, wie eine mobile Reihenhaussiedlung. Das wär nix für mich.

Endlich kann ich wieder alles im Blick behalten: vor mir, hinter mir, auf den Armaturen. Wir sind wieder ein funktionierendes Team, die Lisl und ich. Das Navi bietet uns ab und zu kleine kurvige Nebensträßchen an, die langsam wieder Spaß machen. Ein holpriges und sehr welliges Sträßchen zaubert mir sogar wieder ein Lächeln ins Gesicht, während die Lisl ordentlich arbeiten darf. Mittlerweile läßt mein Giersensor auch wieder Blicke in die Landschaft zu. So habe ich mir vor Jahren die "Rentnertour" vorgestellt - Europa auf Abwegen.

Vor uns wird der Himmel immer grauer und gegen 14 Uhr fängt es an zu nieseln - Lenkerstulpen und die ungeliebte Motorradbrille sowie Richtungswechsel. Ab in die Berge, auf kurzem Weg nach Barcelona. Zielsicher führt unser Weg genau durch das Wolkenloch zwischen den dunklen Wolkenbergen rechts und links von uns - ha, gut gemacht! Straßen und Landschaft sind oft öde, flach, gerade, langweilig, aber dafür kann die Lisl rennen und wir machen etwas Strecke.

Um 15 Uhr stoppt mich der Hunger. In den durchquerten Zitrusplantagen habe ich eine Orange und einige Miniatur-Mandarinen geklaut, die wären jetzt genau das Richtige - wenn sie nicht so krachsauer wären! Ungenießbar. Da kann einem ja der Obstdiebstahl vergehen. Um 16 Uhr sind wir mitten drin in der Suppe - eine pechschwarze Wolkenwand umgibt uns und verdunkelt die Welt. Es fängt wieder an zu regnen, es ist kalt. Schnell eine Unterkunft suchen - das ist leichter gesagt als getan. Hier in den Bergen sind Betten sehr dünn gesät. Das Beste was ich kriegen kann, wird schnell gebucht - ein Hostel für 29 €. Einsam steht das Gebäude an der Hauptstraße, weit und breit sonst nichts zu sehen. Aber ich habe ein eigenes Zimmer mit eigenem Bad und endlos heißes Wasser- das ist Luxus pur!