Bei einem Glas Wein ist es gestern spät geworden. Dann noch Blog schreiben und es war schon "heute". Ich habe schnell und gut geschlafen, aber vermutlich nicht genug. Egal, das Haus ist schon wach, also stehe ich auch auf. Ich bekomme eine Tasse Früchtetee - das wollen die Kinder dann auch haben. Leider gefällt ihnen der Geruch nicht (sie sind nur schwarzen Tee gewöhnt), auch mit zugehaltener Nase mögen sie sie diesen Tee nicht. Alles ist gepackt, David reißt sich zum Abschied von der Arbeit los, Rachel ist mit den Kindern bei den Pferden. Tschüß, vielen Dank, vielleicht sehen wir uns ja in Norwegen wieder.
Meine Gedanken wandern zu Lisls Hinterreifen. Irgendwie müssen wir jetzt bald einen neuen bekommen. Mehrere Mails an französiche Reifenhändler in Cherbourg wurden nicht beantwortet. David hat mir eine Telefonnummer von einem sehr freundlichen Motorradgeschäft in der Nähe von Limerick gegeben, aber auch die können leider nicht weiterhelfen. Sie kennen nicht einmal meine gewünschte Marke! Wir sind noch keinen Schritt weiter gekommen.
Um 10 Uhr "on the road" umgibt uns die selbe Suppe wie gestern. Grau in grau und mit Wasser beladen umgibt uns der Hochnebel. Die Temperatur treibt sich um angenehme 13 Grad herum. Die Regenhose hat gefälligst im Gepäck zu bleiben, aber um die Motorradbrille komme ich leider nicht herum. Zweimal tiiiiief durchatmen - und Freude aufkommen lassen!
Was gibt's heute zu sehen? Zuerst einmal ganz kleine verwinkelte Sträßchen. Da machen wir kaum Strecke. Viele Dachse gibt es anscheinend in diesem Land, zumindest liegen viele Kadaver auf den Straßen.
Wir durchqueren ein steinernes Meer, sowohl einige Berge als auch viele Weiden sind dicht mit flachen Steinen bedeckt. Sonderbarerweise gibt es auch fein abgegrenzte grüne Weiden mittendrin. Das sieht sehr sonderbar aus, ich kann mir nicht erklären, wie dieses Phänomen zustande kommt.
Ein handgeschriebenes Schild weist auf eine heilige Quelle auf einer Weide hin.
Ja, die Cliffs of Moher, die will ich unbedingt nocheinmal sehen. Ich war schon einmal hier, da war alles in Wolken gehüllt und nichts zu sehen. Heute sieht es leider kaum anders aus. Mein Dickkopf möchte aber trotzdem hin! Bereits lange vor wir den offiziellen Parkplatz erreichen stehen an jedem noch so kleinen Ausweichplatz Parkverbotsschilder. Das gilt leider auch für die Lisl. Der Parkplatz soll 12 € (für Rentner -7 studenten 10 €) kosten! Das ist Wucher! Nein, da fahren wir weiter. Die Lisl entdeckt ein Weidetor mit einem kleinen Grünstreifen davor, hier wurde das Parkverbot anscheinend vergessen. Wir zwängen uns zwischen Straße und Tor hinein - die gelbe Parkverbotslinie auf der Straße berühren wir nicht! Von hier aus ist es sogar näher zum Besucherzentrum als vom offiziellen Parkplatz aus! Über den Busparkplatz erreichen wir ein Eingangstor - auch hier stehen die teuren Eintrittspreise. Als ich die Tafel kritisch studiere fragt mich der Kassierer, ob ich hier geparkt hätte? "Ja" antworte ich wahrheitsgemäß. "Gut, dann haben Sie ja schon bezahlt und der Eintritt ist frei" ist die Antwort und er überreicht mir eine Eintrittskarte. In den schweren Motorradklamotten erklimme ich einige Stufen, die auf die Klippen hinaufführen um WAS zu sehen? Genau: nichts! Dichter Nebel und Gischt verhüllen alle Klippen! Na gut, ich hab ja auch nichts bezahlt - dann sind wir quitt. Im Besucherzentrum treten sich die Touristen zwischen Cafe, Restaurant, Andenkenladen und Bilderausstellung gegenseitig auf die Füße, vor den Toiletten warten lange Schlangen. Nix wie weg hier! Am Busparkplatz gibt es noch eine große Toilettenanlage - total leer! Dieses Highlight war wohl leider keines. Zum Glück sind wir kurz zuvor "aus Versehen" am Doolin Pier gewesen, von wo man einen schönen Blick auf steile Klippen hatte. Wenige Kilometer weiter landen wir wieder an einem Surferstrand mit ebenfalls schönen Klippen und einem hübschen Touristenort.
Ich bin schon eine ganze Zeit lang ziemlich müde, den für heute geplanten Streckenabschnitt werden wir nicht ganz schaffen. Müssen wir ja auch nicht. Schon früh halte ich erfolglos nach Campingmöglichkeiten Ausschau, dann erreichen wir eine Fähre über den Shannon, den größten Fluß Irlands. Die Fähre kostet stolze 12 € - wow! Google Streetview zeigt am Fähranleger in Trabert einen Parkplatz mit Sitzgarnituren, Rasen und Palmen - ob das was wäre? Mir gefällt der Platz, auch wenn er nicht einsam ist. Die vorbeifahrenden oder parkenden Autos kann man ja einfach ignorieren. Niemand kümmert es, daß ich hier ein Nachtlager aufbaue. Die Palmen sind etwas niedrig, die Koje hängt zwar frei, aber sobald ich einsteige sinkt sie auf den Boden. Macht nichts. Als ich fertig bin und nochmal etwas nachbessern will, kommt ein älterer Mann direkt auf mich zu und fragt, ob ich hier schafen will. Oh je, jetzt muß ich wieder abbauen, ist mein erster Gedanke. Aber der Mann ist nur besorgt, daß mir kalt wird. Ein nettes Gespräch entwickelt sich und ich erfahre, daß hier sogar Toiletten verfügbar sind und wo ich morgen früh ein Frühstück bekommen kann.
Es ist erst halb sechs, aber ich bin so müde, daß ich mich sofort in den Schlafsack verziehe. Nach einer Stunde ruhen bin ich aber wieder fit genug zum schreiben. Vom Fluß kriecht jetzt feuchte Kälte zu mir herauf. Brrr...