Die Straße RN2 nach Tetouan ist 4-spurig und in sehr gutem Zustand - fast ein bißchen langweilig. Zum fotografieren kann ich schlecht anhalten, schade. Die vielen Kreisverkehre sind ein beliebter Kontrollort für die Polizei - die Schnellfahrer werden hier abgefangen. Auf den ersten hundert Kilometern haben wir bereits 7 Polizeiposten problemlos passiert. Ich schimpfe mit mir selbst über meine Unzufreidenheit und kritische Einstellung: auf guten Straßen bemängle ich die Unverbundenheit mit der Natur, auf der anderen Seite habe ich Bammel vor einsamen, steilen, "schlechten" Straßen durch die Berge - Nichts kann man mir recht machen. Mit jeder Abzweigung werden die Straßen schmaler, aber immer noch 2-spurig und in ziemlich guten Zustand, wenn man von den Ortschaften absieht. Allerdings nehmen Bodenwellen und Schlaglöcher nun doch zu (R419), sind aber nicht bedenklich. Die Lisl schluckt die bestimmt 20 cm tiefen Bodenwellen gut, die Schlaglöcher von der Größe ihres Vorderrades versuchen wir zu umfahren. Am Straßenrand wird alles Möglich verkauft, hauptsächlich Tee oder Beeren - dafür halten wir aber nicht an. Hirten führen ihre 4 Schafe oder die einzige Kuh zu den mageren Weideplätzen. Allmählich ändern sich auch die Verkehrsmittel - weniger Autos, dafür mehr Esel, die auch von jungen Leuten benutzt werden. Gilt das Handyverbot eigentlich auch für Eselreiten??
In schönen Kurven reisen wir gemütlich hinauf auf 900 m nach Bab Taza. Kinder - insbesondere natürlich die Jungs, winken und wollen gerne abgeklatscht werden (gefährlich). An einsamen Stellen pfeifen uns Männer an und deuten irgendwas...ob sie uns was zu essen verkaufen wollen oder was zu rauchen? In keinem Fall halten wir an, winken bestenfalls freundlich. Inzwischen beträgt die Straßenbreite nur noch 1,5 Fahrspuren, an den Rändern bricht der Asphalt hart zum sandigen Bankett ab. Die Autos fahren relativ langsam, weil sie den Schlaglöchern und Wellen ausweichen - die Lisl wäre da geschickter, aber überholen geht nicht. Dumm ist nur, daß hinter den Autos die Schlaglöcher nicht rechtzeitig zu erkennen sind und wir uns nicht darauf einstellen können...
Laut Google-Navi habe ich die Abzweigung zum Hotel verpasst, darum wenden wir. Ein staubiger, miserabler Erdweg führt im spitzen Winkel steil abwärts. Ein Mann eilt zu Hilfe und bestätigt, daß dies der richtige Weg sei - noch ca. 3 km bis zum Ziel. Na ja, jetzt bleibt uns nichts anderes übrig. Zwischen Hühnern und kreischenden Kindern hindurch bahnt die Lisl sich langsam ihren Weg - alles geht gut. Und dann sind wir angeblich am Ziel - mitten zwischen Weide und Orangenahin. Kein Haus zu sehen. Die allerletzten paar Meter wird die Straße gerade neu gemacht aber hier ist Ende. Eine hohe Stufe führt hinauf auf eine Betonplatte, die wir dann doch erklimmen. Vor uns geht es abwärts zum See und links führt ein kleines Tor in den Orangenhain. Dort ist ein blaues Häuschen zu sehen - ja, das ist das Hotel, behauptet ein Mann, der durch die Bäume herbeitrottet. Er wundert sich etwas, daß ich alleine bin...und als Frau!? Ansonsten zeigt er mir ganz unaufgeregt mein Zimmer - 4 Betten stehen darin, eine Toilette mit Waschbecken nenne ich mein eigen. Steckdosen sind Mangelware. Kurz darauf sehe ich den Herrn wieder und frage ihn, ob er auch ein Restaurant hat? Zumindest habe ich das aus den Internetangaben vermutet. Ja. Dann hätte ich gerne etwas zu essen und einen Tee. Französisch ist eine Sprache, die ich nicht spreche, also einigen wir uns auf "irgendetwas" zu essen, "irgendwann" - ich bin gepsannt. Den Tee serviert mir die Tochter schon sehr bald.
Die Zimmer sind als einzelne Häuschen oder über Eck zusammengebaute Einheiten gestaltet. Dazwischen gibt es Sitzecken - dort lasse ich mich zum schreiben nieder. Die Lisl ruht heute im Orangenhain. Als es dämmert, tauchen nach und nach noch ein paar Gäste auf - ich bin also nicht alleine. Und dann kommt der Wirt mit einem jungen Fahrradfahrer, der mit mir das Zimmer teilen soll. Das habe ich so nicht verstanden, aber ok. Er heißt Petr und ist aus Bulgarien, mit dem Fahrrad und fast ohne Gepäck unterwegs. Wir arrangieren uns und der Wirt will uns (für eine freundliche Bewertung) zum Abendessen einladen. In der Tajine (ein Tonteller mit Tondeckel) versteckt sich unter einem Berg Gemüse ein ebenfalls großer Berg fein gegartes Fleisch. Dazu gibt's Brot und einen Salat. Das war lecker und umfangreich!