Freitag, 3. Januar 2025

Strecke

Die Nacht war mild, erst gegen Morgen wurde es kalt. Um halb zehn wacht der Platz langsam auf, wir sind erst um halb zwölf abfahrbereit. Es wird immer später. Heute haben wir kein festes Ziel, nur nach Norden; es gibt auch nichts besonderes zu sehen oder zu fahren. Darum lassen wir es einfach rollen. 

Wirklich notwendig ist heute nur: Geld abheben, tanken, essen. Gelich in Essaouria kann ich die ersten beiden Punkte erledigen, gegssen wird am Abend in Oualida, wo wir heute wieder einen Campingplatz beehren. Es gibt in der Stadt auch einen Wohnmobil-Stellplatz, aber der ist absolut ungeeignet und bislang auch nicht "bewohnt". Diese Stadt ist unaufgeregt, darum gönne ich mir hier im Straßenrestaurant eine Taijine.


Mit der Sonne im Rücken geht die flotte Fahrt auf kerzengerader Straße mitten durch den "Wald" - zumindest nennt sich das niedere Gestrüpp hier so. Ist das das afrikanische Pendant zu den schwedischen Wäldern? Der weiße Untergrund aus Steinen und Sand blendet sehr, jetzt hätte ich zum ersten mal in meinem Leben gerne eine Sonnenbrille. Erholung für die Augen ist das nagelneue schwarze Asphaltband. Die Lisl pendelt nicht mehr? Waren es doch nicht die Reifen? Weitere Beobachtungen zeigen, dass es vielleicht der Straßenbelag ist - womöglich gibt es unter den älteren Straßen unsichtbarel Spurrillen? Auf dieser Küstenstrecke tummeln sich deutlich mehr Touristen als bisher - Motorradfahrer mit den großen Adventurebikes begegne mir mehrfach. Oberhalb von Essaouria lassen sie sich von den an der Straße bereitliegenden Reitkamelen beeindrucken. Ich bin froh, die Marokko-Schleife im Uhrzeigersinn gemacht zu haben, der kalte und interessante Teil liegt hinter mir, nun ist eine laaaangweilige, dafür wärmere Rückfahrt angesagt. Entspannung. Selbst der anscheinend tägliche Markt mit wilder Geschäftigkeit, Fahrzeugen aller Art kreuz und quer und Fußgängern in den wenigen Lücken, streßt uns jetzt nicht mehr. Mancher hat es eilig auf dem Heimweg und läßt seinen Esel oder sein  Pferd im Galopp heim rennen.

Ein kleiner Abstecher etwas weiter in Richtung Inland beschert uns wieder ein paar nette Kurven. Dann allerdings sollen wir auf eine Sandpiste abbiegen? Nein, wir bleiben jetzt lieber auf der gequemen Hauptstraße. Am Straßenrand hält ein kleiner Kastenwagen - Klappe auf. da sitzen bestimmt schon 8 Männer hinten drin. Nächster Mann hinzu, Klappe zu, weiter geht's. Ein paar Kilometer weiter: Klappe auf, Mann rein, Klappe zu. Ich frage mich, wie oft das gut geht?
Die Küstenstraße wird anscheinend gerade komplett erneuert bzw. verbreitert. An einer Baustelle weirden wir vom Baustellenwächter angehalten. Irgendwann geht's dann weiter, lange. Auf der Gegenspur - also auf der falschen, neu geteerten Seite - kommen uns plötzlich scharenweise Fahrzeuge entgegen, bis ein Baustellenfahrzeug unsere Spur blockiert. Der LKW vor mir weicht nach links auf die Sandpiste aus, ich bevorzuge die rechte Asphaltspur, auf der derzeit kein Gegenverkehr zu sehen ist. Am Ende der Baustelle steht der andere Wächter und winkt fröhlich alle Fahrzeuge Richtung Baustelle durch...was für ein Chaos. Aber hier nimmt man das gelassen, es passiert nichts und keiner regt sich wirklich auf. Es funktioniert.

Wieso müssen eigentlich voll (sogar mit Waschmaschine!) ausgestattete Wohnmobile auf Campingplätze? Die haben doch alles! Oder geht's hier um das "socialising"? Der Campingwärter ist überrascht über mein "Zelt", sucht aber hilfsbereit mit mir zwei passende Bäume. Was geht wird hier möglich gemacht.