Wir sind nun ein ganzes Stück weiter östlich - das macht sich bei Sonnenauf- und -untergang sehr bemerkbar: um 8 Uhr wird es schon hell! Was (leider) nicht heißt, daß ich früher auf den Beinen bin. Bei Tageslicht betrachtet, haben wir doch ein schönes Plätzchen gefunden. Gestört werden wir kaum - lediglich ab und zu fährt ein Auto vorbei. Der Weg ist hier anscheinend nicht zu Ende, ein ganzes Stück weiter scheint ein beliebter Windsurfstrand zu sein. Auf der südlichen Seite steht ein Angler in der Brandung. Die Passanten grüßen lediglich freundlich, keiner beschwert sich.
Nach wie vor windet es ordentlich, im Süden tauchen schwarze Wolken auf, denen ich gerne entkommen möchte. Abbau. Auch das ist nicht ganz einfach bei Wind, schließlich soll das Zelt ja nicht fortgeblasen werden. Es ist schon wieder 11 Uhr! Die Route führt nach Südosten in die Berge, dann nach Rom und weiter nach Süden. So der Plan. Die dunklen Wolken hängen jetzt allerdings über den Bergen im Osten, soll ich die Route nicht doch noch ändern?
Ich bekomme Nachricht von Matteo und den Kontakt zu einer Werkstatt in Catania. Jetzt muss ich also Lisls Reparatur organisieren. Da ich hier kaum Internet habe, steuern wir zuerst McDonalds an, bestellen die Lager und geben unseren Zeitplan bekannt. Auch der Wasserkanister ist wieder aufgefüllt. Los geht's - die urpsrüngliche Route bleibt. Kurve an Kurve klettern wir hinauf in die trüben Wolken. Von Kurve zu Kurve wird mein Grinsen breiter, bis das Gesicht zu Ende ist. Die Kurven gehen weiter. Diue Straßen hier sind breit aber ziemlich rissig und meist sprießt schon Gras daraus hervor. Die Landschaft mit ihren runden Bergkuppen, den grünen, dicht grasbewachsenen Hängen und Mischwäldern mutet etwas heimisch an. Kleidung und milde Temperatur passen perfekt zusammen und die dunklen Wolken behalten ihr Wasser bei sich. Sie haben sich vermutlich in der Nacht schon ausgetobt, denn die Straßen sind naß, feuchter Schlamm säumt die Straßenränder und die Weiden stehen oft unter Wasser.
Was will ich in Rom? Nur das Kolosseum von außen sehen. Das liegt mitten in der Stadt - mir graust schon vor dem Verkehr. Die Zufahrtstraßen sind wie üblich viel befahren und die Autobahnkreuzungen schwierig zu taxieren. Dann aber lotst uns das Navi in die Stadt, teilweise kleinste Gässchen, teilweise "einfach" nur Straßen aller Art. Ja, es ist viel los, natürlich massenhaft Scooter, die IMMER Vorfahrt haben. Aber Marokko war eine gute Lehre - einfach fahren! Das eine oder andere protzige, historische Gebäude säumt unseren Weg. Erstaunlich entspannt und ohne Stau stehen wir plötzlich direkt vor der riesigen Arena. Hinein will ich nicht, ein Foto genügt mir. Leider nicht ohne Japaner.... Zur Hälfte können wir das Gebäude umrunden und einen kurzen Blick ins Innere erhaschen, dann führt der Weg wieder ebenso streßfrei aus der Stadt hinaus, Richtung Strand.
Ich habe mich nicht besonders um ein Nachtlager gekümmert, gehe davon aus, am Strand etwas zu finden. Leider ist das nicht so - der Küstenstreifen ist dicht bebaut, hauptsächlich mit Restaurants oder Hotels. Alle Zufahrten sind mit Gittern versperrt, auf der anderen Straßenseite gibt es nur dichtes Gestrüpp und vermüllte Ausweichbuchten. Ein Parkplatz an der Promenade mit Zugang zum öffentlichen Strand lädt zur näheren Besichtigung ein, Google warnt vor "Spritzen im Dand" und da kommt mir auch schon ein Typ mit so einem Ding in der Hand entgegen. Weg hier! Um 5 Uhr geht die Sonne unter und - zack - ist es dunkel! Mist. Weit und breit kein Hinweis auf einen möglichen Schlafplatz - keine meiner Apps bietet etwas an. Aus lauter Verzweiflung fahre ich zwischen den Wohnhäusern in kleinste Sackgassen, die am Strand enden. Hier ist ntürlich Parkverbot und es wird abgeschleppt. Bei der dritten Sackgasse bleibe ich dann trotzdem - die Lisl schiebe ich 10 m Richtung Strand auf einen Plattenweg. Das Zelt wird direkt vor einem Wohnhaus unter einer Palme am öffentlichen Strand aufgebaut. Soweit ich das bei Nacht beurteilen kann, ist das ein herrlicher langer Sandstrand mit feinstem Sand.
Heute gibt es noch selbsgemachten Gemüseeintopf. Rezept: 1/2 Zwiebel, je 1 Kartoffel, Karotte, Tomate, etwas gekörnte Brühe und Pepperoni. Guten Appetit!