Freitag, 13. September 2024

Abwechslungsreich im Schneckentempo

Eigentlich wollte ich heute Morgen noch ein Foto von meiner über den Tisch gespannten Hängematte machen - vergessen - das Alter. Es hat in der Nacht gegossen wie aus Kübeln. Gepaart mit etwas Wind und dem stellenweise undichten Dach, waren meine zum Trocknen ausgeleten Klamotte nichtmal im Pavillon sicher. Zum Glück hatte ich beschlossen, die Hängematte aufzuhängen und nicht auf der Luftmatratze auf dem Boden zu schlafen, da wäre ich ordentlich nass geworden.

Es ist niemand zum kassieren da, also brechen wir ungeschoren auf. Es ist zu warm umd mit Regenzeug zu fahren, aber zu naß, um ohne zu fahren. Also bleibt es an. Nordwestlich von uns drohen dunkle Wolken, südlich schimmert die Sonne durch die Wolkendecke. Das Navi funktioniert heute zuverlässig und leitet uns auf einer breiten Straße südwestwärts. Die Luft ist grau und schwer von Sand und Staub, der die Augen verklebt. Baustelle mit Ampelregelung. Eine lange Schlange, meist LKW, zockelt von Ampel zu Ampel. Gefühlt alle 500 m stoppt uns eine rote Ampel,die Wartezeit wird angezeigt: 9 min, 7 min, unbekannt (waren sicher über 10 min), 3 min usw. Wenn der Zähler die 1 heruntergezählt hat, springt er auf 90 Sekunden über - sonderbar. Etwa 30 km geht das so, die Ampeln sind nicht koordiniert und manchmal kommt sogar bei grün ein Baustellen-LKW auf der einzig freigegebenen Spur entgegen. Dann ist guter Rat teuer. "Grün" ist übrigens auch für den Regen das Signal, immer beim losfahren beginnt auch er. Bestimmt wird das mal eine tolle "Autobahn", aber heute ist es nur eine staubige, lehmige Trasse. Nach 3 Stunden (inklusive Mittagspause) haben wir noch nicht einmal 90 km geschafft! Dann werden wir endgültig der Baustelle verwiesen und auf eine Ausweichstrecke geschickt. Hätte ich vorher gewußt, was uns erwartet, hätten wir schon viel früher eine andere Strecke nehmen können. Tja, "wenn"....

An einer Tankstelle kann ich nach einigen Verhandlungen mein Laptop etwas nachladen, das Kabel für die 12-Steckdose ist ja leider hinüber. Nun wird es abwechslungsreicher, sowohl was den Farbahnbelag und die Straßenführung als auch die Landschaft angeht. Gelegentliche sanfte Hügel sorgen für ein paar Kürvchen. Aber es gibt nichts Besonderes oder Spannendes. Außer voll behangenen Apfelbäumen. Ich werde zum Apfeldieb von so kleinen Äpfeln, dass sie bestimmt mit einem Haps gegessen sind.

Der Tacho zeigt nun etwas über 200 km und ich trainiere "Schlafplatz suchen". Entlang der Straßen ist kaum etwas zu finden, aber in der Nähe soll ein Nationalpark sein. Allerdings auf der anderen Seite des Flusses. Es führt aber eine Stichstraße nach Punia und danach anscheinend noch kleinere Wege ein Stück weiter. Probieren wir. 13% Gefälle, steinig und tief ausgewaschene Spuren? Das kann nicht der richtige Weg sein. Wir nehmen den ebeneren Lehmweg und enden schließlich an einem kleinen Hof. Ein junger Mann wartet gar nicht, bis ich gesendet habe, sondern kommt gleich auf mich zu. Englisch ist ok. Doch, sagt er, der abshüssige Weg führt hinunter zu einem kleinen Bootsplatz, da verweile gelegentlich mal Camper. Ist schön dort und mit der Lisl machbar. Na schauen wir mal - wir haben solche Wege ja schon gefahren, aber da waren wir noch jünger. Langsam und vorsichtig tasten wir uns hinunter, kommen an steilen Wanderwegen mit Treppen in eine Schlucht vorbei und landen tatsächlich am Flußufer. Nach etwas umgucken finden sich auch 2 passende Bäume.

Die Koje hängt. Ich möchte mal nach dem Wetterbericht schauen, was der Regen macht und setze mich dazu in die Hängematte. Peng -sitze ich auf dem Boden! Ein Gurt ist gerissen. Meine Koje selbst ist heil geblieben, nur einer meiner eigenen Gurte war wohl schon zu altersschwach. Er wird durch einen Originalgurt ersetzt. Das Wetter spricht von Regen und Gewitter, also spanne ich diesmal das Überzelt ab. Ich geh noch zum Fluss, (Wasch)wasser holen, da knallt schon ein Donner so laut, daß ich mich ordentlich erschrecke. Packtaschen zu, Stiefel eingepackt, Tankrucksack unters Vordach und schon fängt es an zu regnen. Soweit alles nach Plan, aber dann mag ein Häring nicht im Boden bleiben und es schüttet gerade in Sturzbächen. Hilft nix - ich muss raus und verwende den Wassereimer als Ankerpunkt. Nicht perfekt, aber den schlimmsten Guß hält er ab. So richtig behaglich ist mir nicht....

Am gegenüberliegenden Ufer der Memel steht schon die ganze Zeit ein Angler, der scheint absolut wasserfest zu sein. Er rührt sich nicht vom Fleck! Nach einiger Zeit läßt der Guss nach und geht in sanften Dauerregen über - äh, nur kurz, bis der nächste heftige Schauer niederprasselt und es blitzt und donnert.