Es hat die ganze Nacht geregnet, die Zeltplane hat nicht dicht gehalten. Allerdings war der Wassereinbruch unterm Tarp deutlich weniger als dierekt aus den Wolken. Dennoch ist auch meien Koje naß. Nun nieselt es immer wieder, so dass ich die Zelte nicht trocken bekomme. Zu allem Überfluß ist nun auch noch Lisls Batterie leer. Das Aufladen des Laptops über Nacht war wohl nicht so gut. Ich bin dazu übergegangen, nachdem ich beim Laden während der Fahrt im Tankrucksack, den empfindlichen Ladestecker demoliert habe und für teures Geld mehrere Ladegeräge nachkaufen musste. Nun bezahle ich an der Rezeption für eine Steckdose und muss mir noch ein Adapterkabel ausleihen. Während ich meine sieben Sachen zusammenpacke und zur Lisl schleppe, soll die Batterie geladen werden - bis zur Hälfte gelingt das. Dann muss ich den Adapter zurückgeben, da die Dame Mittagspause hat.
Der Entlüftungsaufsatz für die Luftpumpe ist aufgetaucht, der wichtige Häring leider nicht. Als ich meinen Müll entsorgen gehe, sehe ich einen alten Mann im Rollstuhl im Müll nach Brauchbarem suchen. Er bekommt meine Pfandflasche und ein bisschen Geld.
Gerade als ich abfahren möchte, der Super-Gau: ich erhalte eine SMS, dass meine Fähre heute Abend (in 5 Stunden) gecancelt wurde! Ich wollte den Nachmittag bei MCDonalds verbringen, dortgibt es Strom und Internet. Jetzt kommt Stress auf! Ich kann mindestens einen weiteren Tag warten und dann zum dreifachen Preis mit einem anderen Schiff fahren oder meine Pläne ändern. Spontan entscheide ich mich, mit der gleichen Reederei nach England zu schippern - heute noch aber zu einem deutlich höhren Preis. Dort werde ich in der Nacht ankommen - ungünstig für eine Übernachtung. Ich muss sehen, wie das wieder geht. Vielleicht schaue ich mir dann erst Wales an, um danach noch Irland unter die Räder zu nehmen? Meine bereits in Irland zugesagte Übernachtung muss ich auch absagen - der Gastgeber ist enttäuscht.
Die Buchungsagentur weiß anscheinend nichts von der Stornierung der Fähre, ich kann weder umbuchen noch stornieren. Sie ist per E-Mail auch nicht erreichbar. Lediglich über einen Chatbot kann ich mein Anliegen vortragen und mir wird die Beantragung der Kostenerstattung versprochen. Ich bin gespannt. Das Schiff nach Poole buche ich direkt bei der gleichen Reederei. Eine Stunde später bekomme ich einen Anruf von der Reederei, ob ich wüßte, dass meine Reise nach Irland storniert wurde? Da ich allerdings über eine Agentur gebucht hatte, ist es ihnen nicht möglich, meine neue Überfahrt zum gleichen Preis zu berechnen, wie die Entfallene. Dumm gelaufen.
In der Warteschlange an der Fähre knüpft man wieder lustige Kontakte - ein englischer BMW-Motorradfahrer, kaum älter als ich, fährt täglich ca. 700 km - das ist das 3,5 fache von uns! Aber er ist ja auch Jet-Flieger bei der Airforce gewesen und kennt daher meine neue Heimat Evenes. Aber nur von oben - "schön zu fliegen dort".
Auf dem Schiff gibt es gemütliche Ruhesessel, wo ich sogar ein bisschen Augenpflege betreiben kann. Während der Beladung ertönen ständig Durchsagen, dass die Leute bitte ihre Alarmanlagen ausschalten sollten - kaum verlassen wir den Hafen, geht das Hupkonzert los! Ha ha ha!
England hat eine andere Zeitrechnung, darum landen wir "schon" kurz vor 22 Uhr und nicht eine Stunde später, wie das rechnerisch richtig wäre. Raluca hat mir ein Bett in Borunemouth versprochen - sie bietet Ihre Gastfreundschaft auf "Bunk a Biker" an. Auch das war noch kurz zu organisieren.
Ups - links fahren! Es ist Nacht, die Straße ist naß, die vielen Markierungen auf der Straße sind kaum erkennbar, im Kreisel läuft alles falsch (herum). Es ist absolut nicht einfach! Im Schneckentempo und ziemlich unsicher eiern wir die gut 20 km bis zu einem trockenen Nachtplätzchen - wieder mal nur für mich. Raluca und ihr Mann Bogdan sind vor einigen Jahren aus Rumänien nach England ausgewandert und lernen gener Reisende kennen, da sie selbst noch große Reisepläne haben. Spät in der Nacht - die Beiden sind sicher schon sehr müde - wird mir noch ein feudales Abendessen serviert. Vor lauter Erzhälen vergeht die Zeit wie im Flug und ich bin erschrocken, dass es schon soooo spät ist, als mich ich nach Mitternacht in das saubequeme Bett kuschle.