Freitag, 15. November 2024

Überraschungen

Außen ist das Zelt vom Tau durchnäßt, von innen tropft das Kondenswasser herab. Ich habe gehofft, die Morgensonne direkt auf die Koje zu bekommen, aber bei der Suppe ist weit und breit keine Sonne! Lange nach 11 Uhr bin ich mit Trocknen und Packen soweit, daß es los gehen kann. Weiter geht die Fahrt auf der herrlichen Schlangenlinienstraße, nach und nach lichtet sich der Nebel, bedeckt aber weiterhin den Himmel und nach einer Stunde beginnt es etwas zu tröpfeln. Wie gerufen kommt da eine Tankstelle für Lisls Frühstück und direkt nebenan ist eine Bar, in der ich mich bei einer Tasse Tee etwas aufwärme und erledige ein paar Dinge für das "normale Leben". Danach lugt tatsächlich die Sonne durch! Auf nasser Straße in ca. 900 m Höhe rollen wir weiter bis uns ein Schild "Pass ist offen" überrascht. Oh je, über 1200 m hat's geschneit, das brauchen wir eigentlich nicht. Aber es kommt nicht so schlimm - die Temperatur bleibt bei ca. 11 Grad und wir steigen noch nicht einmal auf 1000 m. In der Schlucht unter uns hängen weiterhin die Wolken, aber "über den Wolken, muß die Freiheit wohl grenzenlos sein..."

Bis Lugo wollten wir eigentlich gestern kommen, nun sind wir am frühen Nachmittag da. Nein, wir werden hier nicht schon übernachten. Aber die Lebensmittel auffüllen - ich habe Hunger. Wir stürzen uns in die Stadt und finden einen Supermarkt. Die Fahrspuren der beiden Richtungen sind durch eine beiten Grünstreifen mit Sitzbänken getrennt und jeweils auf beiden Seiten dicht beparkt. In der Sonne stille ich meinen Hunger auf einer solchen Bank, als ein Mann mit Motorradjacke zielstrebig auf mich zukommt. Mit Hilfe des Übersetzers erklärt er mir in rudimentärem Englisch, daß er mich aus seiner Wohnung gesehen hätte und mir ein Geschenk machen wolle. Ich bekomme außer 2 Aufklebern noch ein T-shirt und eiine Mütze/Schal mit der Aufschrift seines Motorradklubs. Nach 2 Sätzen "Benzin" eilt er weiter und hinterläßt mich freudig überrascht.

Zu früh um den Tag zu beenden, zu spät um noch großartig herrliche Lagerplätze zu finden. Ich lasse mich einfach mal überraschen. Ich habe in die Route noch eine Ecke nach Westen eingebaut, damit wir nicht über die ganz hohen Berge müssen in dieser Jahreszeit. Die Straßen entsprechen mittleren Landstraßen - gut befahrbar, wenig Verkehr, schöne Kurven. Auf den Wiesen weiden sonderbare Kühe: eigentlich sehen sie ganz normal aus, aber es stinkt überall nach unsichtbaren Schweinen....

Um halb fünf "schau ich mal" bei Booking, ob ein erschwingliches Bett in der Nähe steht. Man wird ja so schnell zum Weichei - und ich lebe über meine Verhältnisse! Tatsächlich - in 10 km Entfernung gibt's für 20 € ein Bett im 4-er-Zimmer inklusive Frühstück! Das Gebäude liegt traumhaft oberhalb eines Stausees neben einem Bootsclub. Aber es ist verschlossen. Aus dem Bootsclub eilt ein Mann herbei, der dienstbeflissen bestätigt, daß ich hier ein Zimmer haben kann. Das Hostel ist anscheinend eingewintert, wie sich herausstellt. Ich bin der einzige Gast - die nächste Überraschung! Im Club nebenan gibt es eine Bar und ein Restaurant.

Leider gibt es im Bad kein warmes Wasser, darum setzt die 3-köpfige Familie alle Hebel in Bewegung, mir eine Dusche zu verschaffen. Aufgrund eines defekten Wasserrohrs gibt es die leider nur im Untergeschoß, aber sie haben es immerhin ermöglicht. Meinetwegen wäre das nicht unbedingt nötig gewesen. Ich scheine heute mal wieder der Mittlepunkt der Welt zu sein...