Heute Nacht hat es geregnet - das Tarp ist morgens noch etwas naß, das Zelt ist trocken. Schließlich kann ich alles trocken einpacken. Die Temperatur ist optimal zum Reisen - bei ca. 17 Grad, aber der Himmel ist bedeckt, d.h. der Spaßfaktor "Sonne" fällt schon mal weg. Immerhin bin ich nach dem packen ziemlich stabil auf den Beinen, d.h. ich kann um 10 Uhr bedenkenlos lostigern.
Kaum in den Bergen angekommen, ist natürlich die Straße wieder gesperrt. Diesmal gibt es sogar eine gute Alternative - auch ein schön kurvenreiches Sträßchen mit einem kleinen Umweg. Auch hier hat es geregnet, die Straße ist vielerorts noch nass und oft liegt ausgewaschener Sand oder Lehm auf der Straße. Wir schlängeln uns durch Mandarinenhaine, die Früchte sind reif und werden gerade geerntet. Auch für mich fallen natürlich ein paar ab, aber ein bißchen sauer sind sie schon.
Irgendwie fehlt mir heute weiterhin der Spaß, obwohl der Kopf ja in Ordnung ist. Ich bin satt - mag nicht mehr fahren - freue mich nicht wirklich auf die weitere Route. Ob ich hier abbreche? Den Gedanken wälze ich den ganzen Tag und lasse ihn reifen. Die letzte, östliche Etappe könnte ich ja später als separate Reise noch machen, oder?
Um 13 Uhr läuft mir ein kleiner Supermarkt über den Weg - leider gibt es nur wenig vernünftiges Essen zu kaufen. Wieder draußen, hat sich der Himmel weiter verdunkelt und ich checke den Wetterbericht. In einer Stunde soll es hier regnen? Nix wie weg da! Allerdings soll es großflächig weiterhin regnen, also suche ich mir "schnell" eine feste Unterkunft. Kaum gebucht, fallen schon die ersten feinen Tropfen - na, denen entkommen wir doch sicher? Unter einer Brücke halten wir kurz darauf an und warten den heftigen Schauer ab. Der Tankrucksack bekommt eine Abdeckung und auch die Motorradbrille ziehe ich auf, aber die Regenhose bleibt im Gepäck - wegen dem bißchen Regen.... Dumm. Sehr dumm von mir. Wir kurven nun auf 550 m Höhe hinauf, mitten hinein in die schwärzesten Wolken! Dort regnet es zwar nicht, aber der Nebel erlaubt maximal 50 m Sichtweite. Im Schritttempo tasten wir uns voran, keine Ahnung, ob die Straße vor uns geradeaus, nach rechts oder links, in einer engen oder weiten Kurve verläuft. Hier wird also der Regen geboren?! Mit jedem Meter Abstieg wird die Sicht besser, gleichzeitig werden aber die Regentropfen größer und mehr, bis wir schließlich im Starkregen durch die Bäche auf der Straße rollen. Jetzt ist es schon zu spät, die Regenhose noch anzuziehen. Das Wasser steht im linken Stiefel und auch das rechte Bein ist klitschnass. Es sind ja nur noch wenige (ca. 20) Kilometer - aber die haben es in sich. Das Navi vermeidet brav die kostenpflichtige Autobahn, aber die wäre hier sicher besser gewesen. Statt in der Dauerdusche über die Berge zu zirkeln, wären wir schnell und trocken durch den beleuchteten Tunnel unter den Bergen ans Ziel gekommen.
Jetzt stehen wir vor dem "Hotel", das als solches nicht zu erkennen ist. Es ist eines von diesen automatischen (ohne Personal), die man nur mit Zugangscode öffnen kann. Dazu muss man sich online registrieren, was aber nicht funktioniert, denn die App akzeptiert meine Daten nicht. Es gibt noch eine Telefonnummer; nach langer Rufzeit und dreimaligem Wechsel des Telefonpartners will mir eine Dame die Anweisung per Whatsapp schicken. Nix kommt. Mindestens 5 mal muß ich anrufen, ich stehe (mit Helm) im strömenden Regen vor der Tür. Dann bekomme ich mündlich einen Code, den ich gleich eingebe. Aber statt des Zimmer 5 gibt es da nur ein Treppenhaus. Das andere Ende der Telefonleitung schweigt. Lange Rede, kurzer Sinn: nach ca. 20 min kann ich ein Zimmer beziehen, ohne auch nur einen einzigen Menschen zu sehen. Schöne neue IT. Ich kann jetzt nur hoffen, daß meine Klamotten und Schuhe bis morgen einigermaßen trocken werden. Eigentlich wollte ich in diesem Ort endlich mal italienisch essen gehen, aber bei diesen Wasserspielen jagt man nichtmal einen Hund vor die Tür.
Meine Gedanken sind gereift, die Entscheidung steht, ich werde die Tour hier beenden. Ich muss noch ein bißchen was organisieren, den Werkstatttermin absagen, eine Fähre nach Genua buchen und hoffen, daß ich ohne Frost über den Brenner bis nach Aschbuch komme. Unterwegs vielleicht noch eine Übernachtungsmöglichkeit finden?