8:30 Uhr - Unruhe und Blase treiben mich aus dem warmen Schlafsack. Das Zelt ist vom Kondenswasser klatschnass, das Thermometer zeigt 1,4 Grad an! Noch kälter als vorhergesagt! Später erzählt mir eine Verkäuferin, dass sie ihr Auto vom Eis frei kratzen musste - da hab ich ja noch Glück gehabt.
Während aus den Wiesen der weiße Nebel wunderbar steigt, bleibt ein älterer Spaziergänger mit Hund neugierig stehen und sieht mir beim Packen zu. Mein Nebenher-Frühstück besteht aus einer (gestern) frischen Brezel mit Frischkäse. Der ältere Mann traut sich nicht her, aber als ich ihn grüße taut er auf. Was ergibt sich? Natürlich - Benzingespräche! Er ist schließlich früher auch Motorrad gefahren....
Ich bin froh, mein Lager am entfernten Eck der Wiese aufgeschlagen zu haben, denn am Grillplatz hat sich mittlerweile eine Frühstücksgesellschaft mit vielen Autos versammelt. Das wäre ungemütlich geworden.
Als wir gegen halb elf erst loskommen, ist die Temperatur auf immerhin 8 Grad gestiegen. Trotzdem brrrr. An vielen Häusern in den kleinen alten Dörfern rauchen bereits die Kamine und es riecht so romantisch nach Holzfeuer! Das Navi ist heute toll - was es mir anbietet ist vom Allerfeinsten: kleine, dunkle, (15%)steile Waldsträßchen mit engsten Kurven, weite Täler mit langezogenen Schräglage-Biegungen, Serpentinen entlang senkrechter Felswände. Wir kommen aus dem Schwelgen gar nicht mehr heraus. Ebenso die Landschaft drum herum: felsige, tannenbewachsene Magerwiesen auf denene Schafte weiden - ich bin ganz aus dem Häuschen. Leider läßt sich das alles nicht in Bildern festhalten, nur für (hoffentlich) immer im Herzen.
Mittagspause ist in einem netten warmen Café mit lange vermißtem Zwiebelkuchen und natürlich einer Tasse Kakao als Kompensation zu dem eisigen Wind, der mir in die Ärmel pfiff. Am Nachmittag ist die Alb übervölkert mit Wanderern / Spaziergängern mit Kind, Kegel und Hund, Radfahrer, natürlich Sonntags-Motorradfahrern und insbesondere Sportwagen und Cabrios. Kindheitserinnerungen an sonntägliche Pflichtspaziergänge kommen hoch.
Dieser Asuflug über die Schwäbische Alb hat sich wirklich gelohnt! Ich wußte gar nicht, dass ich mal in so einer herrlichen Landschaft gelebt habe. Der letzte Streckenabschnitt zu meinem jüngsten Bruder führt mich nämlich an meinen Geburtsort und den Ort meiner frühen Kindheit. Von meinem Geburtsort weiß ich nur Name und Straße, nicht die Hausnummer. Aber ich war ja auch erst 1 Jahr alt, als wir dort weggezogen sind. Vom Ort meiner Kindheit habe ich nur ein Bild des Hauses und der näheren Umgebung vor Augen. Da Plüderhausen nicht ganz klein ist und sich in 60 Jahren ziemlich verändert hat, glaube ich kaum, dass ich das alte Forsthaus finden werden. Aber - wie man sich täuschen kann! Ich finde es, obwohl drumherum alles anders aussieht. Ein Detail an das ich mich immer erinnere ist tatsächlich noch vorhanden! Es ist eine kleine Tür mir halbrundem Ausschnitt - das war die Hundehütte, einer meiner Lieblingsplätze als kleines Kind.
Mein Bruder wohnt gar nicht weit weg (war mir nicht bewußt). Wir verbringen einen schönen Nachmittag, der Abend vergeht wie im Flug bei interessanten Gesprächen und leckerer Verpflegung.